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der Dame des Hauses noch die Mienen des gelangweilten Brautpaares strahlten irgendwie Wärme oder stille Freude des Behagens aus.

Frau Theresa hatte sich wie stets bei ihrer Arbeit, die ihr von einem holländischen Interessenten überraschend gut bezahlt wurde, vollkommen in ihre liebsten, schmerzlichsten und aufregendsten Erinnerungen eingesponnen.

Jeder Nadelstich, den sie tat, war wie eine Abwehr gegen die Gespenster der eigenen Unzulänglichkeit und damit auch gegen die Schatten der Vergangenheit. Zuweilen zuckte sie erschrocken zusammen, wenn der Hagel wie Flintenkugeln gegen das Zinkblech des Mansardendaches knatterte. Dann hob sie den Kopf und blickte verwirrt umher. Es ärgerte sie, daß dieser lächerliche Lärm des Unwetters ihren Nerven derart zusetzte. Sie hatte weiß Gott andere Dinge erlebt, und die zahmen Zeitungsberichte von Schießereien zwischen politischen Gegnern in den nördlichen und östlichen Vierteln Berlins entlockten ihr nur ein geringschätziges Lächeln … Zwischen den Ruinenfeldern Ain Halfas war es toller hergegangen …

Das Brautpaar wieder, zwei Menschen, die schon nach kurzem Verlöbnis die gründlichen Irrtümer in der anfänglichen gegenseitigen Wertschätzung eingesehen hatten und die doch durch die Verhältnisse aneinandergekettet blieben wie ein Gespann von Rassepferd und herausgeputztem Zirkusgaul, hingen wohl andersgearteten, aber ebensowenig erfreulichen Gedanken nach, und schwiegen sich aus, weil sie sich wirklich nichts

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Rauschgiftpatrouille. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1933, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rauschgiftpatrouille.pdf/29&oldid=- (Version vom 1.8.2018)