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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie

XII.
RAUB DES RHEINGOLDES.


„Das Licht lösch’ ich euch aus,
das Gold entreiss’ ich dem Riff,
schmiede den rächenden Ring!“


Woglinde, Wellgunde und Flosshilde, die drei anmuthigen Rheintöchter, hüten – singend, neckend, spielend – in den Wellen des Rheines „des Goldes Schlaf!“ Aus einer finsteren Schlucht ist unterdess der Zwerg Alberich, an einem Riffe klimmend, dem Abgrunde entstiegen. Er schaut den Bewegungen der Wassermädchen wohlgefällig zu.


Wie seid ihr niedlich!
Aus Nibelhaines Nacht
naht ich euch gern,
neigtet ihr euch zu mir!


Der freundliche Gruss findet schlechten Dank, die hübschen Nixen verlachen den garstigen Nibelungen, den verliebten, lüsternen Kauz. Von Felsen zu Felsen, von Riff zu Riff schwingt sich Alberich, doch alle Bemühungen, die Frohen zu fangen, sind umsonst. Jede weiss ihm behend zu entschlüpfen, nur Flosshilde macht sich den Scherz, ihm Gehör zu schenken, um ihn dann noch ärger zu höhnen. Auch sie taucht mit den Schwestern lachend zur Höhe.

Alberich gibt endlich, wuthschäumend das nutzlose Jagen auf, mit geballter Faust droht er den losen Neckerinnen. Er verbleibt in sprachlosem Grimm, den Blick aufwärts gerichtet, bis ein merkwürdiges Schauspiel seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Durch die Fluth ist von oben her ein immer lichterer Schein gedrungen, der sich nun an einer hohen Stelle des mittleren Riffes zu einem blendend hell strahlenden Goldglanze entzündet; ein zauberisch goldenes Licht bricht von hier durch das Wasser.


Rheingold! Rheingold!
Leuchtende Lust,
wie lachst du so hell und hehr!

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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie. Hanfstaengl’s Nachfolger, Berlin 1876, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Richard-Wagner-Galerie.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)