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6
Der Engel sprach zu mir:

Hab, Baruch, keine Furcht
Harr vielmehr aus!
Dann siehst du auch,
wie sie zur Ruhe gehen.


8. Kapitel: Der dritte Himmel
1
Da nahm er mich

und führte mich gen Westen.
Und als die Zeit des Untergehens kam,
erblick ich abermals geradeaus vor mir den Vogel.
Und wie er kam,
erblickt ich auch die Engel,
wie sie die Krone ihr vom Haupte nahmen.

2
Der Vogel aber stand erschöpft

mit eingezogenen Flügeln da.

3
Als ich dies schaute, sagte ich:

Weshalb, Herr, nahmen sie der Sonne
die Krone von dem Haupt?
Weswegen ist der Vogel so erschöpft?

4
Der Engel sprach zu mir:

Durchlief die Sonne ihren Tag,
dann nehmen ihre Krone vier der Engel in Empfang
und tragen diese in den Himmel,
sie zu erneuern,
weil sie und ihre Strahlen auf der Erde unrein wurden.
So wird sie übrigens an jedem Tag erneuert.
Da sprach ich, Baruch:
Herr!
Weswegen werden ihre Strahlen auf der Erde unrein?

5
Der Engel sprach zu mir:

Weil sie der Menschen Frevel und Vergehn mitansehen muß,
wie Buhlereien, Ehebrüche,
Diebstähle, Räubereien
und Götzendienst, Betrunkenheit
und Totschlag, Streitereien
und Eifersucht, Verdächtigungen
und Murren, Ohrenbläserei,
Wahrsagerei und Zauberei und Ähnliches,
was Gott nicht wohlgefällt.
Dadurch wird sie befleckt;
deswegen muß sie stets erneuert werden.

6
Wie kommt’s,

daß so der Vogel in Erschöpfung fällt?
Er hält die Sonnenstrahlen ab
und so wird er durch Feuer und die Hitze
den ganzen Tag recht mitgenommen.