Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 220.jpg

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daß du, der Tugend folgend,
niemandem widerrechtlich eine Gunst erweisen,
noch, deine Macht mißbrauchend, das Recht aufheben dürfest.

216
Der Geist beschäftigt sich im Schlafe meistens mit dergleichen Dingen,

womit sich jeder im Wachen abgibt.
Wer aber jeden Gedanken und jede Handlung auf das Beste richtet,
der trifft im Wachen und im Schlaf das Rechte.
Darum zeigst auch du in allem Beständigkeit.

217
Er beglückwünschte auch diesen und sprach dann zum nächsten:

Da du als Zehnter zu antworten hast,
wollen wir uns nach dieser Antwort zum Mahle wenden.
Er fragte nun:
Wie vermögen wir, alles, was unser unwürdig ist, zu unterlassen?

218
Er sprach: Blicke beständig auf deine Ehre und deine Stellung!

Dann redest und denkst du dementsprechend.
Bedenke auch, daß alle deine Untertanen über dich denken und sprechen!

219
Denn du darfst nicht schlechter sein, als die Schauspieler,

die alle ihre Handlungen mit der Rolle, die sie spielen, zusammenstimmen.
Du aber hast keine Rolle, sondern bist wirklich König.
Denn Gott verlieh dir die Herrschaft, wie sie dein Charakter verdient.

220
Als der König lauten und langen Beifall freundlichst gespendet hatte,

forderte man die Leute auf, sich Ruhe zu gönnen.
Als nun das Gespräch mit diesen aufhörte,
wandten sie sich dem folgenden Teil des Mahles zu.

221
Am folgenden Tag wurde die gleiche Ordnung befolgt.

Als der König die Zeit für gekommen erachtete,
Fragen an die Männer zu richten,
frug er den ersten von denen, die noch zu befragen waren:
Welches ist die beste Herrschaft?

222
Er sprach: Sich selbst beherrschen und nicht seinen Trieben nachgeben;

denn jedes Menschen Sinn hat eine angeborene Neigung.

223
Die meisten neigen nun zum Essen, Trinken und Genießen,

während die Könige auf Landerwerb und hohen Ruhm aus sind.
Doch ist Mäßigung in allem gut.
Nimm und behalte, was dir Gott beschert!
Verlange aber nichts Unerreichbares!

224
Er fand an den Worten Gefallen und frug den folgenden,

wie er von Neid frei sein könnte.
Er antwortete nach einer Pause:
Wenn du vor allem bedenkst,
daß Gott es ist, der allen Königen Ansehen und großen Ruhm verleiht,
und daß niemand aus eigner Kraft König ist.
Es wollen zwar alle Menschen diese Ehre erlangen, aber sie vermögen es nicht;
denn es ist eine Gabe Gottes.

225
Er lobte den Mann mehrfach;

dann frug er den nächsten, wie er seine Feinde verachten könnte.
Er antwortete: