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6. Kapitel: Eleazars Marterung
1
So gab Eleazar beredt Antwort auf die Mahnungen des Tyrannen;

da schleppten ihn die Leibwächter, die dabeistanden, voll Roheit zu den Foltergeräten.

2
Zunächst zogen sie den Greis vollständig aus;

freilich blieb er reich geschmückt
durch den Adel, der die Frömmigkeit umgibt.

3
Dann banden sie ihm die beiden Hände auf den Rücken

und geißelten ihn,

4
während von der andern Seite ihm ein Herold zubrüllte:

„Gehorche den Befehlen des Königs!“

5
Er aber, der Hochgemute und Edelgeborene, wirklich ein Eleazar,

kehrte sich nicht im mindesten daran,
gerade als träumte er nur von den Foltern.

6
Der alte Mann richtete vielmehr die Augen gen Himmel

und ließ sich das Fleisch in Stücken weggeißeln,
von Blut überströmt und die Seiten mit Wunden bedeckt.

7
Er fiel zu Boden,

weil sein Körper die Schmerzen nicht länger ertrug;
aber aufrecht und ungebeugt hielt er die Vernunft.

8
Da sprang ihm einer der rohen Leibwächter in die Weichen

und gab ihm einen Fußtritt,
damit sich der Zusammenbrechende wieder aufrichte.

9
Er aber ertrug die Schmerzen, verachtete die Gewalt

und duldete die Mißhandlungen.

10
Und da sich der Greis wie ein wackerer Wettkämpfer schlug,

gewann er den Sieg über seine Peiniger.

11
Selbst von diesen Peinigern ward er wegen seines wackern Mutes angestaunt,

wie er schweißbedeckten Angesichtes und schwer keuchend dastand.

12
Teils aus Mitleid mit seinem Greisenalter,
13
teils aus Teilnahme für ihren früheren Bekannten,

teils aus Bewunderung seiner Standhaftigkeit
traten einige aus dem königlichen Gefolge zu ihm und sprachen:

14
„Eleazar!

Was willst du dich unvernünftig durch solche Leiden zugrunde richten?

15
Wir wollen dir von den gekochten Speisen vorsetzen;

dann stelle dich,
als ob du von Schweinefleisch äßest,
und rette dich also!

16
Doch Eleazar schrie auf,

als würde er durch diesen Rat noch schmerzlicher gepeinigt:

17
Nein! Wir Söhne Abrahams wollen keine so schlechte Gesinnung haben,

daß wir feigen Herzens ein unser unwürdiges Possenspiel aufführen.

18
Ja, das wäre unvernünftig,

wenn wir, die wir nach der Wahrheit bis ins hohe Alter lebten
und unsere Ansicht hierüber ehrlich vertraten,
wenn wir jetzt uns ändern wollten

19
und wenn wir in eigener Person,