Sie dachte nämlich:
Vielleicht bin ich nicht würdig, erhört zu werden;
dann könnte mich Phenenna nur noch mehr aushöhnen,
so, wie sie täglich spricht:
Wo ist dein Gott, auf den du vertraust?
Ich aber weiß,
daß nicht reich ist, die viele Söhne hat,
noch arm, die wenige besitzt,
sondern daß die reich ist,
die Überfluss an Ergebung in Gottes Willen besitzt.
Wer weiß, daß ich betete, wird ja lästern,
wenn er erfährt, daß ich mit meinem Gebet nicht erhört wurde.
Doch habe ich dann nicht bloß einen Zeugen in meiner eignen Seele;
meine Tränen werden auch Gehilfinnen meiner Gebete sein.
sah der Priester Heli, daß sie sich innerlich abhärmte
und sich wie betrunken benahm.
Da sprach er zu ihr:
Geh und bring deinen Weinrausch vom Altar fort!
Da sprach sie:
Ist mein Gebet so gehört worden,
daß man mich betrunken heißen könnte?
Wahrhaftig, ich bin von Schmerzen trunken;
ich trank ja meinen Tränenbecher aus.
Erzähle mir deinen Schimpf!
Da sprach sie zu ihm:
Ich bin Elchanas Weib.
Weil Gott meinen Mutterschoß fest verschloß,
betete ich vor ihm,
daß ich nicht aus dieser Welt zu ihm ohne Frucht gehen
und nicht sterben müsse, ohne mein Abbild zurückzulassen.
Da sprach der Priester Heli zu ihr:
Geh hin; denn ich weist, worum du betetest!
Dein Gebet ist erhört.
es sei bestimmt, daß ein Prophet aus ihr geboren würde;
er selbst hatte es ja gehört, als der Herr von jenem sprach.
Anna begab sich nun heim
und ward in ihrem Schmerz besänftigt.
Sie erzählte aber niemandem von ihrem Gebet.
und gebar einen Sohn.
Sie nannte seinen Namen Samuel, was „Starker“ heißt,
Paul Rießler: Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel. Filser, Augsburg 1928, Seite 839. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Riessler_Altjuedisches_Schrifttum_ausserhalb_der_Bibel_839.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)