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Des Prinzen rasche Jugend bot sich ihren
Weitblickenden Entwürfen dar – ihr Herz –
Ich zweifle, ob sie lieben kann.

Ihr Gefühl für den Infanten ist auch offenbar mehr Mitleid als Liebe; sie nimmt an ihm theil, weil sie ihn leiden sieht, nicht weil er ihr Bewunderung oder Verehrung einflösste. Diese hat sie entschieden aber für Posa. Bei ihm allein fühlt sie, dass sie vollkommen verstanden und gewürdigt wird, zu ihm blickt sie hinauf, zu Carlos herunter, und wenn sie dem Marquis von ihrem Verhältniss zu diesem sagt:

Ihr Freund erfüllte Sie so ganz, dass Sie
Mich über ihm vergassen –

so dürfte dies Geständniss offenbar weit mehr ihm als den Prinzen gelten, was noch mehr aus ihrer Antwort hervorgeht, da er ihr erwidert:

Für alle Weiber, nur für eines nicht.
Auf eines schwör’ ich . . . .
Versprechen Sie mir, ewig ihn zu lieben,
Unwandelbar und ewig ihn zu lieben,
Versprechen Sie mir dieses? . . . .

 Königin.
 Mein Herz,
Versprech’ ich Ihnen, soll allein und ewig
Der Richter meiner Liebe sein –

und fortfährt:

Sie gehen, Marquis – ohne mir zu sagen,
Wann wir – wie bald – uns wiedersehn?

 Marquis. (das Gesicht abgewendet).
  Gewiss!
Wir sehn uns wieder.

 Königin.
 Ich verstand Sie, Posa –
Verstand Sie recht gut. – Warum haben Sie
Mir das gethan?

 Marquis.
Er oder ich.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)