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VI
Mährchen
(zur Fortsezung der Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten.)

An dem großen Fluße, der eben von einem starken Regen geschwollen und übergetreten war, lag, in seiner kleinen Hütte, müde von der Anstrengung des Tages, der alte Fährmann und schlief. Mitten in der Nacht weckten ihn einige laute Stimmen, er hörte, daß Reisende übergesetzt seyn wollten.

Als er vor die Thür hinaus trat sah er zwey große Irrlichter über dem angebundenen Kahne schweben, die ihn versicherten daß sie große Eile hätten und schon an jenem Ufer zu seyn wünschten. Der Alte säumte nicht, stieß ab und fuhr, mit seiner gewöhnlichen Geschicklichkeit, quer über den Strohm, indeß die Fremden in einer unbekannten sehr behenden Sprache gegen einander zischten und mit unter in ein lautes Gelächter ausbrachen, indem sie bald auf den Rändern und Bänken, bald auf dem Boden des Kahns hin und wieder hüpften.

Der Kahn schwankt! rief der Alte und wenn ihr so unruhig seyd kann er umschlagen; setzt euch ihr Lichter!

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten. In: Die Horen 1795, Band 1–4. Cotta, Tübingen 1795, Seite 10-108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Die_Horen_4-1795.pdf/116&oldid=- (Version vom 1.8.2018)