Seite:Schiller Maria Stuart 024.jpg

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Um eure hellen Sinne wob. Ihr hattet
Kein Ohr mehr für der Freundin Warnungsstimme,
Kein Aug’ für das, was wohlanständig war.
Verlassen hatte euch die zarte Scheu
Der Menschen, eure Wangen, sonst der Sitz
Schaamhaft erröthender Bescheidenheit,
Sie glühten nur vom Feuer des Verlangens.
Ihr warft den Schleier des Geheimnisses
Von euch, des Mannes keckes Laster hatte
Auch eure Blödigkeit besiegt, ihr stelltet
Mit dreister Stirne eure Schmach zur Schau.
Ihr ließt das königliche Schwerdt von Schottland
Durch ihn, den Mörder, dem des Volkes Flüche
Nachschallten, durch die Gassen Edimburgs,
Vor euch hertragen im Triumph, umringtet
Mit Waffen euer Parlament, und hier,
Im eignen Tempel der Gerechtigkeit,
Zwangt ihr mit frechem Possenspiel die Richter,
Den Schuldigen des Mordes loszusprechen –
Ihr giengt noch weiter – Gott!

Maria.
 Vollende nur!
Und reicht’ ihm meine Hand vor dem Altare!

Kennedy.
O laßt ein ewig Schweigen diese That
Bedecken! Sie ist schauderhaft, empörend,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Cottasche Buchhandlung, Tübingen 1801, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_024.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)