Seite:Schiller Maria Stuart 110.jpg

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Leicester.
Dein Herz, dein liebenswürdig Selbst verlier ich.
Bald wirst du in den jugendlichen Armen
Des feurigen Gemahls dich glücklich fühlen,
Und ungetheilt wird er dein Herz besitzen.
Er ist von königlichem Blut, das bin
Ich nicht, doch trotz sey aller Welt geboten,
Ob einer lebt auf diesem Erdenrund,
Der mehr Anbetung für dich fühlt, als ich.
Der Düc von Anjou hat dich nie gesehn,
Nur deinen Ruhm und Schimmer kann er lieben.
Ich liebe Dich. Wärst du die ärmste Hirtin,
Ich als der größte Fürst der Welt geboren,
In deinem Stand würd’ ich herunter steigen,
Mein Diadem zu deinen Füßen legen.

Elisabeth.
Beklag’ mich, Dudley, schilt mich nicht – Ich darf ja
Mein Herz nicht fragen. Ach! das hätte anders
Gewählt. Und wie beneid’ ich andre Weiber,
Die das erhöhen dürfen, was sie lieben.
So glücklich bin ich nicht, daß ich dem Manne,
Der mir vor allen theuer ist, die Krone
Aufsetzen kann! – Der Stuart wards vergönnt,
Die Hand nach ihrer Neigung zu verschenken,
Die hat sich jegliches erlaubt, sie hat
Den vollen Kelch der Freuden ausgetrunken.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)