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Sonett.


Wo ist die Zeit, da leicht und unbefangen
Das freye Herz im jungen Busen schlug,
Da es noch nicht durch süßen Selbstbetrug
Sich quälte, nicht durch Hoffnung und Verlangen?

5
Da dieser Geist, mit Einfalt hold umfangen,

Sich fremd noch war, und doch sich selbst genug;
Und still die Brust kein Bild der Sehnsucht trug,
Ist denn so schnell die goldne Zeit vergangen?
Der Ruhe Glück und ihre reinen Freuden

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Sind mir entflohn auf immer mich zu meiden

Ich seh nur Schmerz, ich ahnde nur Gefahr.
Des Grames Hand wird künftig mich geleiten;
Und dennoch, ach! sind alle diese Leiden
Jezt süßer mir, als sonst die Ruhe war.

F.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1798. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1798_045.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)