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Graf.

     Ich nenne mich zwar keusch und rein
Und rein von bösen Fehlen,
Doch muß ich hier gefangen seyn
Und muß mich einsam quälen.

40
Du bist mir zwar ein schönes Bild

Von mancher Jungfrau rein und mild,
Doch weiß ich noch was liebers.

Nelke.

     Das mag wohl ich die Nelke seyn,
Hier in des Wächters Garten,

45
Wie würde sonst der Alte mein

Mit so viel Sorge warten?
Im schönen Kreis der Blätter Drang,
Und Wohlgeruch das Leben lang,
Und alle tausend Farben.

Graf.

50
     Die Nelke soll man nicht verschmähn,

Sie ist des Gärtners Wonne,
Bald muß sie in dem Lichte stehn.
Bald schützt er sie vor der Sonne,
Doch was den Grafen glücklich macht

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Es ist nicht ausgesuchte Pracht,

Es ist ein stilles Blümchen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1799. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1797, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1799_071.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)