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Die Badeanstalt will ihrem Namen „Volksbad“ in Bezug auf ihren Besuch manchmal nicht die erhoffte Ehre machen, und soll man von ihrer Rentabilität ein Liedlein singen, „so schweigt des Sängers Höflichkeit.“ -

Noch erübrigt uns zur Vervollständigung der Orientierung unserer lieben Gäste einiges über Gmünds nächste Umgebung zu bringen. Freilich gebietet der zur Verfügung gestellte Raum, uns auch hier kurz zu fassen. Um so dringender klingt der Ruf: „Kommet und sehet!“

Der Stadtgarten an der Bahnhofstraße. Er ist Eigentum der Stadt und hieß ursprünglich Stählsche Garten, dann je nach dessen Besitzer der Deblersche, Mayersche und Haubers Garten. Derselbe bietet in seinem vorderen Teile mit seinen herrlichen, neuerdings noch verschönerten Anlagen das getreue anmutige Bild eines alten Patriziersitzes. Und in der Tat lebten hier auch einstens die Herren v. Stahl, Edle von Pfeilhalden. Durch ein prächtiges, mit Figuren gekröntes Portal gelangt man auf das im Hintergrund stehende schloßähnliche, sauber renovierte Gebäude mit dem sog. Rokokosaal, das vornehm in seiner symmetrischen Gliederung dasteht und doch behaglich unter seinem Mansardendach steckt. Hinter einem Querbau und dem sog. kleinen Stadtgartensaal auf dem etwas tiefer gelegenen ehemaligen Turnplatz steht die 1899 eingeweihte schöne städtische Festhalle. Das ist der Platz für Abhaltung größerer Festlichkeiten der hiesigen zahlreichen Vereine, für das städtische Theater usw.

Den vorderen Teil des Parkes zieren zwei ganz besondere Bildwerke. Eine alte zierliche Sonnen- und Winduhr und das sog. Geigerbrünnele.

Die Sonnen- und Winduhr ist in ihrem spielerischen und doch geschmackvollen Aufbau ein echtes Stück Rokoko. Sie hat eine geradezu merkwürdige Geschichte. Ausgeführt ist das Monument von dem schon des öfteren genannten Dinkelsbühler Baumeister W. Keller und i. J. 1770 von dem Bürgermeister von Stahl in seinem Garten, dem jetzigen Stadtgarten, auf dem freien Platze vor seiner Wohnung aufgestellt worden. Später kam das Kunstwerk in andere Hände und befand sich zuletzt und noch bis zu Anfang des letzten Jahrzehnts in dem Garten des Oberamtsarztes Romerio und des Oberstabsarzts Sprinkhardt, unbeachtet dem Unwetter und noch mehr dem Mutwillen zerstörungslustiger Knaben ausgesetzt. Es ist das Verdienst des um die Erhaltung von Altertümern Gmünds so sehr verdienten Kommerzienrats J. Erhard dasselbe käuflich erworben zu haben. Er machte es der Stadt mit der Bedingung zum Geschenk, daß es auf Kosten derselben verständnis- und pietätsvoll auf denselben Platz zu stehen komme, wo es ursprünglich gestanden. Da aber indessen auf diesem Platze ein schöner Brunnen mit prächtiger Umgebung erstellt worden war (ist heute nicht mehr vorhanden), so wurde dem Denkmal sein jetziger Platz im Vordergrund des Gartens angewiesen. Damit dasselbe recht zur Geltung komme und besonders durch die Bodenfeuchtigkeit nicht notleide, hat es einen Unterbau aus Granit erhalten. Die hübsche gärtnerische Einfassung erhöht noch dessen Eindruck.

Ein ihm ebenbürtiges „Gegenüber“ hat die Sonnen- und Winduhr in dem voriges Jahr errichteten Geigerbrünnele (s. Bild) erhalten, eine Schöpfung des oben schon genannten Gmünders, Prof. Wilh. Widemann in Berlin. Das schöne Denkmal macht einen äußerst frisch-freundlichen Eindruck und ist eine Zierde des Stadtgartens. Die Idee verdankt das Kunstwerk dem altbekannten Gedichte J. Kerners: „Der Geiger von Gmünd“ und gründet sich auf eine Sage, die sich an die Hergottsruhkapelle hier knüpft. „Einst kam ein armes Geigerlein auch nach Gmünd und spielte da vor einem sog. „Kummernüs-Bild“ so lange, bis ihm die Heilige als Lohn einen ihrer goldenen Schuhe zuwarf.“ Der Stifter des schönen Denkmals - ein hiesiger Bürger - will nicht genannt sein, aber er freut sich über das gelungene Werk und begnügt sich bescheiden mit dem Bewußtsein, seiner Vaterstadt eine Freude bereitet und den Anstoß zu edlen Gedanken und zu künstlerischer Empfindung und Schulung gegeben zu haben.

Der St. Salvator (s. Bild) liegt in unmittelbarer Nähe der Stadt hart über dem Bahnhof auf einem vorgeschobenen Hügel am Abhange des sog. Neppersteins mit einer weithin sichtbaren berühmten Wallfahrtskirche. Zu ihr hinan führt der schön angelegte Kreuzweg, mit zahlreichen größeren und kleineren Kapellen mit herrlichen schmiedeisernen Abschlußgittern. In ihnen finden Szenen aus dem Leiden des Herrn in Holzskulpturen von oft recht grotesker

Empfohlene Zitierweise:
Bernhard Kaißer: Schwäb. Gmünd und seine Umgebung. Tübingen, 1907, Spalte=273-274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schwaeb_Gmuend_und_seine_Umgebung_005.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)