Seite:Spiess Das Lahnthal.pdf/157

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zugleich sechstheilig, da von den der Kirche eigenthümlichen Emporen über den Seitenschiffen, die sich mit eleganten Säulenstellungen nach Innen öffnen, zwischen den Arkadenpfeilern Halbsäulen hervortreten, welche sich bis zur Oberwand fortsetzen und von ihren Kapitälen ebenfalls Gewölbrippen aufsteigen lassen. Die Zwerggallerie jedoch, die Bekrönung der Thüren mit einzelnen Giebeln, die Knospenkapitäle, die prachtvollen Laubgewinde an den Archivolten des Portals, überhaupt alle Ornamente gehören dem Uebergangsstyle an, sowie auch die Gesammtanlage der Kirche mit den zwei gewaltigen 176 Fuss hohen Thürmen an der Westseite, den vier kleineren an dem Querschiffe und dem achteckigen, alle anderen mit seinem schlanken Helm überragenden Thurm über der Centralstelle aus dem Geiste dieser Bauweise hervorgegangen ist, die also in der Thurmconstruction hier die heilige Siebenzahl erreicht und damit ihren glänzenden Prunk bis auf die Spitze getrieben hat. An Gewölben und Arkaden ist schon der Spitzbogen angewendet, während die Oberlichter des Mittelschiffs rundbogig sind. Eigenthümlich ist dem Limburger Dom vor andern Kirchen dieses Styls, dass die Apsis des Chors mit einem Umgang versehen ist, und dass oberhalb der Emporen in jenem und den Seitenschiffen sich noch durchlaufende Gallerien, Triforien, herziehen, welche der oberen Wand des Gebäudes eine sehr lebendige Gliederung verleihen. Diese Verbindung von Arkaden und Triforien ist in Deutschland einzig in ihrer Art, da sie sich weder am Rheine noch anderwärts wiederfindet. Schade, dass das grossartig disponirte und zugleich höchst elegant gegliederte Innere des Domes durch einen geschmacklosen Anstrich entstellt ist. Die Kirche ist im Jahre 1213–42 von dem Grafen Heinrich dem Reichen von Nassau erbaut worden, trotzdem dass die Inschrift über dem Westportale lautet: Basilica Sancti Georgii Martyris. Erecta anno 909, renovata anno 1766. Ob die halberloschene

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/157&oldid=- (Version vom 1.8.2018)