Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/93

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war. Das Inventar besagt nur, der Spiegel sei von einem Lüneburger erkauft worden, nicht aber, daß der Hersteller auch ein Lüneburger war. Hainhofer versetzt jetzt auch den Verfertiger nach Lüneburg. Damit meint er wohl die Stadt Lüneburg. Jedermann aus dem Herzogtum Lüneburg war aber damals ein Lüneburger, auch der Herzog selbst. Ein Schwager der Kurfürstin Sophie war Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg, Bischof von Halberstadt, 1564–1613. Er war seit 1585 mit einer Schwester des Kurfürsten Christian I. verheiratet. Als diese schon 1587 gestorben war, nahm er 1590 Elisabeth von Dänemark zur Gattin. Er war bekanntlich einer der bedeutendsten und gelehrtesten Männer seiner Zeit, hervorragender Jurist, in allen mathematischen und alchymistischen Wissenschaften bewandert, Sprachenkenner und Dichter von bürgerlichen Dramen, einer der eifrigsten Förderer der hochdeutschen Sprache. Schon als Kind zum Bischof von Halberstadt postuliert, trat er in seinem Bistum 1578 die Regierung an, darauf 1589 in seinem Herzogtum Braunschweig, wo er sich durch eine allzu glänzende Hofhaltung in Schulden und in Händel mit den Ständen stürzte, die zum Krieg mit der Stadt Braunschweig führten. Zum Austrag dieser Streitigkeiten ging er 1607 zu Kaiser Rudolf II. nach Prag; hier ward er der Mittelpunkt der dort ansässigen Gelehrten und Künstler und vertrauter Ratgeber des Kaisers als „des Geheimen Rats oberster Direktor“. Mit großem diplomatischen Geschick wußte er dort die religiösen und politischen Streitigkeiten zu schlichten. Vorzeitig starb er dann in Prag 1613 und wurde zu Wolfenbüttel in der von ihm erbauten Marienkirche beigesetzt. Als Dramendichter und Anhänger der hochdeutschen Sprache ist er hervorgetreten, besonders hat er auch auf die Entwicklung der Baukunst tätigen Einfluß ausgeübt, so bei dem Spätrenaissancebau der Universität Helmstädt, deren erster Rektor er war. So ist es nur natürlich, daß er auch am Kunsthandwerk reges Interesse nahm und da die Stadt Warburg zu dem benachbarten Bistum Paderborn gehörte, so kann ihm die Tätigkeit des Warburger Silberschmieds Anton Eisenhoit nicht unbekannt geblieben sein. Philipp Hainhofer sah 1629 in der Schloßapotheke zu Dresden „Herzog Hainrich Julij von Braunschweigg feldapotecklein ganz mit silber eingerüstet vnd 2000 thaler werth“ (ed. Doering S. 204). Diese Feldapotheke, als solche daran erkennbar, daß der kleine mit zwei Flügeltüren versehene Kunstschrank außen völlig schmucklos gelassen ist, ein Werk Eisenhoits, befindet sich im Grünen Gewölbe (I, 35) (Abb. Bd. I Tafel 18). Er ist es offenbar gewesen, der seinem