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– Was denn war’s?

– Nichts und doch Alles! Ihre Augen redeten eine zu deutliche Sprache: Mord hieß sie! Tod dem Béarner!

– Sehr gut! Sehr gut! murmelte Le Clou. Ich würde Dich für Deine Nachricht umarmen, hättest Du mir nicht Feindschaft geschworen . . .

– Ach, Jacques, das würde ich nie über mich vermögen . . .

– Nun denn . . . Ici le don d’amoureux merci . . .

Jeanneton eilte fort, indeß sie die schneeweiße Schürze an die Lippen hielt, welche von dem Kusse des Picarden noch viel röther geworden waren, als vorhin.

Le Clou aber trat zu dem Könige ein. Heinrich, noch in seiner schönsten Blüthe, lief im Negligé auf und ab. Er war heute Morgen ausgezeichnet gelaunt. Als der Stallmeister klirrend eintrat, sah er eben noch den rechten Arm und das fliegende weiße Kleid der gnädigen Frau. Gabriele d’Etrées oder d’Estrées flüchtete vor dem Würdenträger.

Eh bien! rief Heinrich von Navarra. Neuigkeiten seh’ ich Dir im Aug’! Ist mein „Omar“ krank?

– Der edle Schimmel ist federkräftiger als je . . . Er ist für heute gewartet und Eure Majestät dürfen heute jede Anforderung machen – seine Schenkel werden sie lösen . . .

– Aber, Le Clou! rief Heinrich sehr aufgeräumt, was ist’s mit Euch? Ventre-saint-gris! Ihr habt ja förmlich Styl in Eurer Rede, und eine Feierlichkeit in Euren Déhors, die zu liebenswürdig ist.

Der Stallmeister besann sich einige Augenblicke. Dann sagte er:

– Gnädiger Herr, ich melde, daß Alles fertig und bereit ist zur Jagd. Auf mich falle es, wenn Ihr irgend etwas vermißt.

– Gut, Le Clou! Nun noch die Pointe.

– Wie?

– Die Hauptsache, das Aber, was Dir im Halse steckt . . . rief Heinrich ziemlich ungeduldig.

– Das ist ja gerade die Schwierigkeit, diese Teufelsgeschichte vorzubringen.

Und nun fing er, da er es nicht wagte, weder Lascara noch den Bischof geradezu anzuklagen, an zu winden und zu drehen, bis daß er glücklich mit seinem Verdachte und mit der unfehlbaren Meinung und Ahnung der Demoiselle Jeanneton herausgekommen war.

Heinrich hatte, die Hände auf den Rücken gelegt und das schöne Haupt vorgebogen, zuerst sehr aufmerksam zugehört. Jetzt aber wandte er sich mit seinem Ventre-saint-gris auf dem rothen, hohen Absatze seiner Pantoffeln und sagte ziemlich gelangweilt:

– Du meinst also?

– Ja, Eure Majestät . . .

– Und Lascara, sagst Du?

– Ja, Eure Majestät; wiederholte Le Clou, der ungeachtet der frühen Stunde schon bedeutend schwitzte.

– Im Ernst, und auf diesen Grund hin soll ich zu Hause bleiben?

Der König fragte sehr ehrlich und sanftmüthig, und dennoch war in seinem Tone

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/157&oldid=- (Version vom 1.8.2018)