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Verbrecher? Es müssen Höllenkünste gebraucht sein, um ihm ein Versprechen zu solchem Greuel zu entreißen!

– Nein, Theuerste! sagte der Jesuit, freudig die Hände reibend; blos ein verteufelt schwerer Geldsack! Macht mir aber das Vergnügen und laßt Euren Freund, den Trompeter, sich wo möglich von jenen finstern Strolchen die bedungene Summe ausbezahlen; sie verdienen diese Züchtigung und bei ihrem Geize ist sie eine sehr empfindliche. Dann aber nennt König Karl’n meinen Namen und sagt ihm: Herr, gedenke der armen Väter Jesu, wenn Du in Dem Reich kommst!

Das Mädchen versprach Alles. Der Pater beugte sich nieder, um ihre wundervolle Hand zu küssen.

– Nicht so! Ihr habt mehr verdient! sagte sie freimüthig und bot ihm die blühenden Lippen dar.

Pater Joseph besann sich eine Secunde, dann drückte er einen Kuß darauf und empfahl sich, indeß er seufzte:

– O, Daniel O’Rayle! O, englische Lordschaft Durham! Welch ein kläglicher Narr ist doch ein weltenlenkender Jesuit in seiner heiligen Zelle!

Mazarin und Cosmo aber kamen vor die Wachtstube. Die Reiter saßen draußen. Nur der Trompeter befand sich im Innern derselben. Seine Gedanken litten keine Gesellschaft. Mazarin, sonst selbst ein feiner Cavalier, ein vollendet schöner Mann, betrachtete den Irländer mit Ueberraschung.

Corpo de Bacco! murmelte er. Welch ein Mensch!

Daniel saß an dem Feldtische. Unberührt stand der Bierkrug und das hohl geschliffene Glas vor ihm. Die Karten, sonst sein Leben, waren zur Seite geworfen oder lagen an der Erde. Den rechten Arm auf den Tisch gestemmt, rauchte der Trompeter, in ernstes Sinnen verloren, aus seiner kleinen Thonpfeife. Wahrlich, Daniel war es werth, der Nebenbuhler nicht allein eines Lords, sondern eines Königs zu sein. Ein großes Lagerbarett bedeckte einen Theil seiner langen, dichten, blonden Locken. Sein Schnurrbart war aufwärts gestrichen, sein Gesicht war eben so regelmäßig als kühn und ausdrucksvoll. Er trug noch seinen stählernen Halskragen; sonst war er im Wamms mit reichen, langgeschlitzten Aermeln; sein Küraß lag neben der langen, großen Trompete auf der Erde. Wallonische Oberhosen, weit, bis auf’s Knie reichend, und lederne Reitbeinkleider sammt Stiefeln mit Lederklappen vollendeten seinen Anzug. Das riesige Reiterschwert, welches den Stuart durchbohren sollte, lehnte an einem Stuhle.

Mazarin faßte Zutrauen zu diesem Kämpen. Die Unterhandlung begann. Der Ire war jedoch lange nicht so gefügig, als Cosmo berichtet hatte.

– Ich will mit meiner Geliebten noch einmal reden! sagte der Trompeter nach jedem neuen Angriffe. Und dann gebt mir das Geld . . .

– Zur Hälfte! bemerkte der Cardinal.

– Bei St. Patrick! Kein Schilling soll mir fehlen, oder der ganze Handel ist nichts.

– Gut! Aber wann folgt Euer Entschluß?

– Heute Abend!

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/215&oldid=- (Version vom 1.8.2018)