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immer unwirksam gemacht. Und selbst, wäre ich frei, so würde ich nicht Dich, sondern meinen Herrn Johann Wilhelm erwählen. Das ist die Wahrheit. Eine Mediceerin ist zu stolz, um zu heucheln. Liebte ich Dich, ich würde es nicht verbergen; ich selbst würde, möchte geschehen was wollte, dem Kurfürsten die Wahrheit gestanden haben. So aber kommt es nur auf Dich an, mein Gabriel. Ist der italienische Pater in der Nähe?

Gabriel, eine schlanke Gestalt, mit blassem Gesicht, dessen Züge aber von einem andern Auge, als demjenigen der früheren Geliebten, kaum zu erkennen gewesen wären, stand vor ihr, gebeugt, vernichtet. Als Maria ihre Frage wiederholte, erwiderte er mit tonloser Stimme, daß Giuseppe im Schlosse geblieben sei.

– Dann höre! sagte die Kurfürstin energischer. Fliehe, fliehe noch in dieser Stunde aus den Händen derer, die sich Deiner bemächtigten. Ich ahne, sie werden Dich verderben. Bist Du hier aus eignem Antriebe?

– O, heilige Maria, murmelte der Jüngling abermals niedersinkend, wie sollte ich mich Dir verbergen? Ich, ja, ich hätte entsagt; keine Erinnerung an mich sollte Dein Inneres betrüben. Ich war gestorben im Satrappenkloster. Giuseppe war’s, der wiederum den Brand in mein Herz schleuderte; der mich bewog, zu fliehen und hieher zu Dir zu eilen. Ich Wahnsinniger hatte, durch diesen Priester verführt, wieder zu hoffen begonnen und meine Liebe schien durch das Verbrechen, welches sie umhing, nur noch glühender geworden zu sein. Ja, ich weiß, mir droht Gefahr. Seit ich hier bin, ergründete ich, daß man mir nicht diente, sondern, daß ich diente. Dennoch war ich zu ohnmächtig, um von hier zu scheiden, ohne Dich zum letzten Mal gesehen zu haben. Es ist das letzte und ich trenne mich von Dir mit einem offenen Geständnisse. Bewahre es wohl, Maria, denn obwohl ich den Tod nicht scheue, will ich ihn dennoch nicht durch das Gift dieser Jesuiten finden. Pater Giuseppe ist der Ordensgeneral der Jesuiten . . .

Bevor noch die Kurfürstin sich so weit erholt hatte, um zu antworten, ward dicht neben dem Paare im Gebüsche ein heftiger Ausruf laut. Die Stimme des Kurfürsten war’s.

– Du Schurke! rief Johann Wilhelm, indeß die Gebüsche krachten und eine klägliche Stimme um Gnade bat. Die Fürstin eilte hinzu; bereits aber hatte der Kurfürst den Degen gezogen und den Jesuiten mit einem Stoße desselben niedergestreckt. Er umarmte jetzt seine Gemahlin mit Heftigkeit.

– Diese Brut! rief er fast außer sich. O, Maria, Maria, Du weißt nicht, was ich erlitten, durch diese Schlangen erlitten; Du siehst den Abgrund nicht, an welchem ich schwebte. Der Himmel selbst hat Dich, Reine, beschützt; denn verdamme mich, ich bin hieher gekommen mit dem Vorsatze, daß Dein Herzblut und dasjenige des Ritters de Ricci diesen Stahl in meiner Hand färben sollte. – – –

Die Jesuiten erholten sich unter Johann Wilhelm von diesem Schlage, welchen sie erlitten, nicht mehr. Sie wagten keinen Versuch, sich nochmals des Kurfürsten zu bemächtigen und den wohlthätigen Einfluß der edlen Fürstin, noch seine Entschließungen zu vernichten. Pater Giuseppe ward im Jesuitencollegium geheilt und reisete still nach Rom zurück. Gabriel Ricci ging nach Malta, um bis zum Comthur der Johanniter-Ritter unter Kämpfen gegen die Barbaresken und Türken sich aufzuschwingen. Die Regierung des kurfürstlichen Paares aber, von keinem widrigen

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/258&oldid=- (Version vom 1.8.2018)