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Sieger von Rocroy, Prinz Louis Bourbon-Condé, der spätere große Condé, war an die Spitze des Heeres getreten. Der Jüngling hatte seinen Soldaten wie durch Zauber seinen Feuergeist, seine Rastlosigkeit mitgetheilt, und seine reißend schnellen Bewegungen hatten schon mehr als einmal den baierschen Befehlshaber blutig überrascht. Im offenen Felde gegen diesen ebenso tapfern, als unergründlich listigen französischen General zu manövriren, wollte der ehrliche und brave de Mercy nicht wagen. Er beschloß vielmehr, sich eine feste Operationsbasis zu schaffen, dann aber felsenfest Stand zu halten. Freiburg ward sein Centralpunkt. Durch ihre Lage schon natürlich geschützt, war sie von so vortrefflichen Festungswerken umgeben, daß sie mit Erfolg einem feindlichen Angriffe Trotz bieten konnte. Hier erwartete Mercy seinen Gegner. Vergebens waren die Künste, welche der Prinz von Condé anwandte, um die Baiern in eine andere Stellung zu locken, etwa an die Positionen des berühmten Höllenthals, in die Waldeshöhen und Thalschluchten des Schwarzwaldes, wo der Franzmann gewandt seine Beute als ein Adler umkreisen und mit einem verzweifelten Angriffe hätte vernichten können. Durch seine detachirten Corps hielt Mercy den Condé unaufhörlich in Athem; er wars jetzt, der gegen die Franzosen alle Vortheile des kleinen Krieges ausbeutete, während Condé genöthigt war, wollte er den ihm entschlüpfenden Feind fassen, unter den Mauern Freiburgs einen entscheidenden Kampf zu bestehen.

Allerdings zögerte Condé einige Zeit, bevor er sein Glück jenseit des Rheines auf einen Hieb setzte. Aber das Zögern war durchaus nicht die Sache des jugendlichen Prinzen. Müde der verdeckten und der Scheinmanöver, durch welche sich der alte Degenknopf Mercy nicht im Geringsten irre machen ließ, warf er stolz jede Maske fort. Er reinigte die Umgegend von den baierschen Streifcorps und kehrte, mit seinen Streitkräften einen halben Kreis bildend, wieder nach Freiburg zurück, indeß sein Centrum sich von dem, durch das Siegel’sche Gefecht am 23. April 1848 in weiteren Kreisen bekannt gewordenen, Güntersthal ab auf der großen Straße nach Freiburg fortbewegte.

Den Abend darauf war in der ganzen Gegend ein eigenthümliches und unheimliches Leben. Das ganze hügelige Terrain des dichten und finstern Sternenwaldes war lebendig; hier lagen die französischen Fußregimenter. Nur im Innern des Waldes brannten kleine Feuer, bei denen die Soldaten kochten. Außerhalb des Waldes sah man kaum die etwas heller gefärbten Luftsäulen, welche, über das Blättermeer emporsteigend, die Lagerfeuer verriethen. Kam man zufällig vor eine Lichtung des Waldes, welche es möglich machte, daß man tiefer hineinblickte, so konnte man das Blitzen von Musketenläufen im Wiederschein des fernen Feuers und auch wohl dichte Haufen von geräuschlos sich in den Gebüschen bewegenden und nur vorsichtig murmelnden Kriegsleuten bemerken. Uebrigens war der finstere Waldessaum still und todt, und ein im Feldlager geübtes Soldatenauge wäre erforderlich gewesen, um zu bestimmen, ob ein hier und da fast unbemerkbar hervorragender Gegenstand ein einsamer Busch, oder ein abgestumpfter Baum, oder wie es denn der Fall war, ein französischer Mousquetaire war, der, fest wie aus Eisen gegossen, stehend, mit Falkenaugen das wellenförmige Terrain vor sich bewachte. Weit dehnte sich dieser Flügel der Franzosen aus, damit die Baiern, welche man gleich dem Edelhirsche umstellt hatte, nicht etwa der ihnen zugedachten Vernichtung heimlich sich entziehen möchten. Die Garden Condé’s, die sogenannten Plumets, oder Federhüte, die Lieblinge der

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Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 656. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/673&oldid=- (Version vom 1.8.2018)