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Susanna im Bade.
Von Paul Veronese.

Die biblische Geschichte von der durch Daniel erretteten keuschen Susanna hat fast immer den Malern Gelegenheit zu einer üppigen Darstellung gegeben. Ungemein edel hat Veronese den Stoff behandelt, obgleich es nicht verkannt werden kann, daß der große Meister eben durch die Züchtigkeit, welche er zeigt, einen größeren sinnlichen Reiz ausübt, als dies die meisten Bilder von der badenden Susanna vermögen. Ein verführerischer Zauber ist gleichsam ganz unabsichtlich über das orientalisch geformte Antlitz und die herrlich gemalte Figur der Susanna ausgebreitet und der Contrast des schmalen, von oben neckisch herabschießenden, weißen Strals eiskalten Wassers zu dem warmen, glühenden Toben dieses schwellenden Busens und der schön geformten Schenkel und Arme ist so unwiderstehlich und hinreißend, daß man den beiden alten Faunenköpfen eigentlich wenig Vorwürfe zu machen hätte. Die Malerei des Stücks ist ungewöhnlich brillant; sie athmet Glut, wie der heiße Sommernachmittag, welcher die schöne Jüdin zu der kühlenden Quelle treibt. Die Scenerie ist wie gewöhnlich bei Veronese seiner Zeit angemessen, macht aber einen heimlichen, verstohlenen Eindruck, der vortrefflich zu der vorgeführten Situation paßt.




Der Fischfang.
Von Nicolaus Berghem.

Es ist ein eben so poetisches, als reichbegabtes Talent, welchem wir hier begegnen. Nicolaus Berghem ist in seinen Hirtenstücken und Landschaften mit Thieren, Fuhrwerk und menschlichen Figuren immer ausgezeichnet, oft in seiner Weise unvergleichlich. Das, was bei Berghems Bildern so höchst angenehm auffällt, ist, neben einer kräftigen, warmen Färbung, seine Correctheit und charakteristische Wahrheit, von immer geschmackvoller Erfindung und Anordnung seiner Stoffe gehoben. In seinen besten landschaftlichen Stücken erreicht Berghem, namentlich was das Sonnenlicht und das Halbdunkel betrifft, eine merkwürdige Höhe der technischen Vollendung. Mit Vorliebe malte Berghem felsige Partien und fast italienisch geformte Hügel und Gebirgszüge im Hintergrunde, nicht minder schleuderte er, nicht selten mitten in seine Bilder, colossales Mauerwerk und mauerähnliche Felsen. Immer machen diese so eigenthümlich benutzten Stücke einen höchst wirksamen Effect. In diesem Bilde, der Fischfang, läßt sich zu dem stillen See mit seinen Barken und Fischern kaum ein lieblicherer Gegensatz denken, als die cyklopische, romantisch geformte Felsengruppe im Mittelgrunde. Einen nicht weniger glücklichen Abstich geben die armen

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 762. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/779&oldid=- (Version vom 1.8.2018)