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zu genießen. Dennoch war sein Pinsel nicht für die Darstellung der hehren Erhabenheit der jungfräulichen Alpennatur geeignet. Seine hierher treffenden Bilder sind schwach. Rom sah er nur flüchtig; aber länger weilte er in den Gebirgen Apuliens, und von dorther brachte er die Neigung mit, die gefährlichen Jagden darzustellen, von denen er Zeuge gewesen war. Es würde die Wahrheit verkürzen, wollte man J. Jacobsz als den Nachahmer von Snyders ohne weiteres hinstellen; Jacobsz ging seinen eigenen Weg, und nur der Umstand, daß die Darstellung von Hatzen und Jagden mit Stellen der Thiere durch Rüden so ungemein wenige Variationen zuläßt, könnte den Schluß auf einen Mangel an Originalität bei diesem Maler entschuldigen. Jacobsz’s Zeichnung ist stets vortrefflich, das Colorit aber wenig vertrieben und meist hart bei fleißiger Ausführung. Jacobsz’s Geschichtsbilder gehören seinen letzten Jahren an; sie sind mehr Oelskizzen, als Gemälde.




Madonna.
In Rubens Schule gemalt.

Die eminenten Vorzüge dieses Madonnenbildes haben die Forscher auf dem Gebiete der Kunstgeschichte schon seit lange zu den genauesten Untersuchungen über den, oder über die Maler desselben veranlaßt. Es ist jedoch nur soviel gewiß ermittelt, daß das Gemälde unter die große Zahl der Werke fällt, welche von Rubens’ Schülern vollendet wurden, entweder nach den Vorzeichnungen, oder der Idee, zuweilen nur unter der Aufsicht des Meisters, der stets etwa sich zeigende Fehler mit eigner Hand zu verbessern pflegte. Wenig mehr als die reiche, blühende und transparente Färbung ist hier durchaus in Rubens’ bekanntem Styl gehalten, dessen schöpferische Ueberkraft sich schwerlich mit den delicaten, an die besten italienischen Meister mahnenden Formen der Figuren begnügt, sondern sie auf seine Weise in die Breite getrieben und mit derberen Muskeln ausgestattet haben würde. Mutter und Kind und der Engelsjüngling sind voll innigsten Liebreizes. Rubens aber spricht aus dem Engelsknaben mit dem Körbchen, sowie aus dem kleinen Kletterer. Auch die Früchte deuten auf den Meister des Malers dieser Madonna hin. In dem Nackten der Figuren, in dem Haar derselben, besonders in den portraitartig aufgefaßten Köpfen liegt eine so entschiedene Hinweisung auf Vandyck’s Styl, daß dieser größte Schüler Rubens sicher den größten Antheil an der Schöpfung dieser Madonna gehabt haben muß.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 824. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/841&oldid=- (Version vom 1.8.2018)