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Geschichte ihrer Verirrung zu erfahren.“ Hellborn entsprach gerne meinem Wunsche. Wir setzten uns auf den Sopha, ich schmauchte behaglich mein Abendpfeifchen, und mein Freund fing die Erzählung an.


2.

Der Obervogt von Nellenburg, Heinrich Fraser, hatte drei Töchter, Crescentia, Louise und Therese. Er bildete sich auf dieselben nicht wenig ein, denn sie waren nicht nur fein von Gestalt, sondern auch geistreich und gewandt in den Manieren eines angenehmen Umgangs. Er selbst liebte die Gesellschaft, und sah es auch nicht ungern, wenn er Besuche von jungen Männern erhielt, die den Mädchen Aufmerksamkeit bewiesen. Ob er gleich in seinen Grundsätzen streng war, so gestattete er doch den Töchtern ungemein viele Freiheit, weil er glaubte, sie durch eingeprägte Grundsätze und durch Hülfe einer guten Erziehung gegen Verlockungen gesichert zu haben; auch hielt er einen ungezwungenen Umgang beider Geschlechter für eine Schule der Artigkeit und guter Sitten. Die sorglichere Mutter hatte freilich manche Einwendungen, allein da sie ihre Meinung nicht durchzusetzen vermochte, so gab sie nach, und die Sache blieb, wie ihr Gatte wollte. Es herrschte ein gefälliger Ton im Hause, man war frei, ohne die Anständigkeit zu beleidigen, gesprächig

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Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_008.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)