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Die nemliche Ode.
(Versuch in gereimten Versen.)

Ruh’ erfleht aus offnen Meereswogen,
Wenn ein schwarz Gewölk den Mond umzogen,
Und kein sichres Leitgestirn ihm lacht,
Der Pilot in grauser Schreckennacht.

5
Ruh’ auch Thrakes wilde Kriegerhorden,

Und die Meder, die mit Pfeilen morden,
Ruhe, die für Purpur nicht und Gold,
Nicht für Gemmen ihren Frieden zollt.

Denn fürwahr, nicht reicher Schätze Prangen;

10
Nicht des Konsuls Liktor scheucht den bangen

Sturm der Brust, und selbst in’s Prunkgemach
Schweben die beschwingten Sorgen nach.

Glücklich, wem das Salzfaß biedrer Ahnen
Auf dem schlichten Tische blinkt! Ihn mahnen

15
Nie der Habsucht Qualen; sanft und leicht

Ist sein Schlaf, von keiner Furcht verscheucht.

Warum ringt der Mensch im kurzen Leben
Rastlos nach so manchem Ziel? Was streben
Wir nach fremden Landen? Wer entflieht,

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Fern von Haus, dem eigenen Gemüth?


Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_087.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)