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II. 13.

Eine Ode, durch einen Zufall erzeugt, der dem Dichter hätte tödtlich werden können, nimmt seine ganze Phantasie in Anspruch. Es war am ersten März, im Beginne des Frühlings, da Horaz auf seinem sabinischen Landgut lustwandelte, oder sich auf den sonnigen Rasen gestreckt hatte, als ein Baum in seiner Nähe umstürzte und ihn beinahe erschlug. Ein an sich so unpoetischer Umstand, ja eine so gemeine Veranlassung erzeugte dieß herrliche Gedicht, worinn die Kunst des Horaz, auch Kleinigkeiten durch Poesie zu verklären, in ihrem höchsten Glanz erscheint. Die Ode gehört zu derjenigen Gattung, wo der Dichter von einer gewissen Empfindung ausgeht, aber sodann sie verläßt, und durch eine natürliche Ideenverbindung zu einem verwandten Gegenstande fortschreitet, und denselben bis an’s Ende festhält.

Er fängt damit an, den unheildrohenden Baum zu verwünschen, und den Pflanzer desselben der größten Verbrechen zu beschuldigen, 1–12. Nachdem er dieß mit dem höchsten Pathos gethan, und sein Unwille sich gleichsam erschöpft hat, wird sein Gefühl milder, und verweilt bei dem moralischen Eindruck, den die Vorstellung erzeugt, daß Niemand die Gefahren seines Lebens voraus wisse. Der Punische (phönizische)

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Ludwig Neuffer (Hrsg.): Taschenbuch von der Donau 1824. Stettinische Buchhandlung, Ulm 1823, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taschenbuch_von_der_Donau_1824_109.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)