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gestorben und umgekommen waren. Der Chronist, der diese Geschichte aufbewahrt hat, setzt hinzu: „Denn sobalde Gott der Allmächtige ein Geschlechte herfürziehen und erhöhen kann, sobalde und leichtlich kann er es auch wieder herunterrücken und gar verdorren und umkommen lassen, wie die Historien sowohl in der Bibel als anderswo genugsam ausweisen und zu erkennen geben. Daß danach also auf viele Kinder und auf ein groß Geschlechte nicht zuviel zu pochen und zu vertrauen ist.“

Andreas Angelus Annal. March. Brand. pag. 129.
H. Ammersbach, Churbrandenburgische Chronik. S. 125.


16. Das Wunderblut zu Belitz.

Im Jahre 1247 nach Christi Geburt haben in der Stadt Belitz etliche Juden mit einer Magd gehandelt, daß sie zum Sacrament gehen, ihren Gott im Munde empfangen, hinter dem Altare aber aus dem Munde in die Schürze fallen lassen und ihnen sodann zubringen solle; sie wollten ihr ein gutes, namhaftes Geld dafür geben. Die Magd hat von dem Mammon sich verblenden lassen, und also gethan, wie die Juden von ihr begehret. Diese haben nun die geweihete Hostie dem Herrn Christo zu Unehren gemartert, zerhauen und gestochen, worauf sie aber sogleich angefangen zu bluten. Darüber haben die Juden sich gefürchtet, es möchte offenbar werden, und solche That ihnen übel bekommen. Sie haben die Hostie daher der Magd wiedergebracht, diese auch gebeten und ihr Geld gegeben, daß sie dieselbe wieder angenommen und in ihrem Hause unter dem Dache verstecket. Da trug es sich aber zu, daß daselbst unter dem Dache die Nachtwächter jede Nacht viele Lichter und Kerzlein gesehen, welches sie den Herren der Stadt angezeiget. Diese haben eine Haussuchung gehalten, die Hostie alsbald gefunden, auch die Thäterin ausgekundschaftet,

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_102.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)