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Da doch den armen Tropf allein der Eckel quält
Und nichtes auf der Welt, als nur der Hunger fehlt.
Wenn noch der Magen nicht das vorig kan verdäuen,
Den Schmauß der lezten Nacht, und lieber wolte speyen,
Als wieder seyn gefüllt; Welch Bißlein, welcher Tranck
Kan ihm zu Willen seyn? Wer kochet ihm zu Danck?
Da wird dem Leckermaul, dem sonsten nichtes fehlet,
Ein Hering abgestreift, ein Rettig nur geschälet,
Ein frischer Kropf-Sallat mit Eßig vorgebracht;
Und also ist Lucul und ich nun gleich gemacht.
Diß trägt mein Garten auch. Ach wie ein seligs Leben
Führt der, dem seine Faust das täglich Brodt kan geben,
Ist vor der Sonnen wach, fängt alles was er kan,
Mit GOtt und dem Gebet, und frischen Händen an!
Wenn noch ein Reicher sich in seinen Federn strecket;
Greift er zu Käs und Brodt, das ihm viel besser schmecket,
Als eingemachter Saft, als Ingwer und Suckat,
Und was in seinem Krahm der Apothecker hat.
Denn wieder an sein Werck, gehämmert und gesungen,
Mit Kindern, Weib und Magd, mit Knechten und mit Jungen,
Biß daß der halbe Tag ist fleißig fortgebracht,
Der ihm von neuen Lust zur guten Mahlzeit macht.
Von solchem Leben weiß ein Reicher nicht zu sagen,
Der nur in Uppigkeit und lauter faulen Tagen
Die liebe Zeit zubringt, mit Müßiggang sich quält
Und nur mit Uberdruß die lange Stunden zählt.
Ihm schmeckt nicht warm noch kalt, kan schwerlich selber schliessen,
Womit er seine Lust will machen oder büssen.
Der arme Teufel stöhnt von zarter Faulheit schwach,
Hat alles was er will, und nichtes, das er mag.
Doch aber dieser ist so groß nicht zu beklagen.
Frißt er itzunder nicht, so hat er seinen Magen

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Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)