Meine liebe Elisabeth, es liegt mir in der letzten Zeit so viel im Sinn, ich möchte Seelen auffordern, sich mit mir zu vereinigen, daß wir unser ganzes Leben nach Gottes Wort richten wollen.
Gestern war es wieder so schön bei der Generalversammlung, daß ich recht dankbar war, um so mehr, als es mir in den letzten Wochen so bänglich zu Mute war. Der Sorgengeist befiel mich, und es ist gewiß auch richtig, wenn ich die Stimme laut werden lasse: „Nur das Tempo mit Bauen und Ausbreiten etwas mäßigen!“ Nächste Woche ist ein Missionslehrkurs in Dettelsau; ungefähr hundert Teilnehmer stellen sich ein.
Darf ich Dir zu Deinem Geburtstag ein kleines Büchlein schenken, das mir in einer Zeit meines Lebens sehr viel gewesen ist? Es ist von Harms und handelt vom Hohenlied.
Liebe Schwester, wenn es in Vohenstrauß kalt wird, dann zieh Du diese Strümpfe an. Ich habe auch ein Rezept gegen Heimweh hineingelegt. Das ist probat. Ich danke Dir für Deinen Brief und bitte Dich herzlich, immer in der seligen Übung des Dankens zu bleiben. Denn dann wird alles gut.
Meine liebe Schwester Elisabeth, bei uns geht es jetzt gar arg geschäftig zu. Das Schulhaus muß fertig werden; bei uns werden Seminarräume und Schwesternzimmer hergestellt, dabei Feriengäste ohne Ziel und Zahl.
Morgen ist unser Kirchweihsonntag!
Ich möchte wieder mehr Stille haben. Weißt Du, wir sind jetzt in der Gefahr, daß die vielen Aufgaben uns übertäuben. Es ist Gnade von Gott, daß wir etwas tun dürfen; aber der
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/154&oldid=- (Version vom 17.10.2016)