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Der untergeh’nden Sonne Flammenball
Auf diese arme, schwache Brust gewälzt.

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Wie morsche, glüh’nde Asche ist mein Leib,

Und unter meinen Füßen wankt der Boden.
So heimisch ist mir hier, und doch so ängstlich!
Das Lüftchen, das mir lind die Wange kühlt,
Haucht Grüße mir aus längstverscholl’ner Zeit.

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In jener Schatten wechselnder Bewegung

Seh’ ich die Mährchen meiner Kinderjahre;
Sie regen sich, und nicken mir, und lächeln
Mit klugen Mienen, und verwundern sich
Daß jetzt der alte Freund so bang, so fremd thu’t.

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Dort schwankt hervor die liebe, todte Mutter,

Und schaut wehmüthiglich besorgt, und weint,
Und winkt, und winkt mit ihrer weißen Hand.
Und auch den Vater seh’ ich dorten sitzen,
Auf grünem Sammetpolster, leise schlummernd.
     (Er steht sinnend. Es ist ganz dunkel geworden. Man sieht im Hintergrunde eine Gestalt, mit einer Fackel in der Hand, vorüberschreiten.)

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Welch Nebelbild kam dort vorbey geflirrt?
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_135.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)