Seite:Tragoedien nebst einem lyrischen Intermezzo 164.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Nacht. Alys Schloß von außen. Die Fenster sind erleuchtet. Fröhliche Tanzmusik im Schlosse. Almansor steht sinnend davor. Die Musik schweigt.

Almansor.
Fürwahr, recht hübsch ist die Musik. Nur Schade,
Hör’ ich der Zimbeln hüpfend helles Klingen,
Fühl’ ich im Herzen tausend Natterstiche;
Hör’ ich der Geigen langsam weiche Töne,

490
Zieht mir ein Messer schneidend durch die Brust;

Hör’ ich dazwischen die Trompeten schmettern,
Zuckt’s mir durch Mark und Bein, wie’n rascher Blitz;
Und hör’ ich dröhnend dumpf die Pauken donnern,
So fallen Keulenschläge auf mein Haupt.

495
     Ich und dies Haus, wie passen wir zusammen?

     (Wechselnd nach dem Schlosse und nach seiner Brust zeigend.)
Dort wohnt die Lust mit ihren Harfentönen;
Hier wohnt der Schmerz mit seinen gift’gen Schlangen.
Dort wohnt das Licht mit seinen goldnen Lampen;
Hier wohnt die Nacht mit ihrem dunkeln Brüten.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo. Dümmler, Berlin 1823, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tragoedien_nebst_einem_lyrischen_Intermezzo_164.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)