Seite:Ueber die Liebe 264.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


auch nicht übertrieben, aber sie beziehen sich nur auf unbedeutende Neigungen, urteilte der treffliche Kardinal Lante.


20.

Wir lieben ein gutes Gemälde überaus, – sagen die Franzosen, – aber wir verlangen als Grundbedingung für die Schönheit, daß es von einem Maler gemalt ist, der beim Malen die ganze Zeit ohne Unterlaß auf einem Beine gestanden hat.

Ebenso ist es mit den Versen im Drama.


21.

Die Verse sind zur Unterstützung des Gedächtnisses erfunden worden. Später behielt man sie bei, weil der Anblick der überwundenen Schwierigkeiten Genuß bereitet. Sie heutzutage im Drama beizubehalten, wäre ein Rest von Barbarei.


22.

Die romantische Schule. Man schreibt mir aus Paris, daß man dort (in der Kunstausstellung von 1822) tausend Bilder mit Vorwürfen aus der heiligen Schrift sehen kann. Sie sind von Malern gemalt, die nicht daran glauben, werden bewundert und beurteilt von Leuten, die nicht daran glauben, und schließlich gekauft von Leuten, die nicht daran glauben.

Dabei sucht man nach Gründen für den Verfall der Kunst! Wenn der Künstler nicht an das glaubt, was er darstellt, muß er immer in Furcht sein, überschwenglich oder lächerlich zu erscheinen. Wie soll er Großartiges erreichen, wenn ihn nichts erhebt?


23.

Ich bewundere die Sitten zur Zeit Ludwigs des Vierzehnten. Man ging ohne Zaudern und binnen

Empfohlene Zitierweise:
Stendhal übersetzt von Arthur Schurig: Über die Liebe (De l’Amour). Leipzig 1903, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Liebe_264.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)