Seite:Volkssagen und volksthuemliche Denkmale der Lausitz 168.jpg

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LXXII. Die Kirche.

Am Abend des Allerheiligentages nach der eilften Nachtstunde bietet die Ruine auf dem Oybin ein sonderbares, rührendes Schauspiel dar. Denn da versammeln sich die kleinen Heinichen in Menge, ordnen sich Paar und Paar, führen einen Priester in ihrer Mitte und ziehen mit Wachskerzen in der Hand in die Ruinen der Kirche, wo sie sich alsdann in ihre unterirdischen Behälter begeben. Dann ertönt in feierlich ernsten Tönen die gewaltige Orgel, man vernimmt Gesänge von lieblichen Melodien und hört den Priester das Hochamt halten.


LXXIII. Die achteckige Spitzsäule.

Im Jahre 1404 am 12. Septbr. ritt der Bürgermeister Martin aus Bischofswerda, ein Ehrenmann – der, um einigen vom Adel daselbst, die ihn anfeindeten, zu entgehen, Bischofswerda mit Budissin verwechselt hatte – mit seinen beiden Söhnen nach Gröditz. Unvermuthet wird er von seinen Feinden in der Nähe des Königsteiches[1] überfallen und mit dem jüngsten seiner Söhne niedergehauen. Der älteste, obschon ebenfalls schwer verwundet, sprengt noch bis auf die Töpfer- (damals Gröditzer) Gasse, wo er, in der Gegend des jetzigen Holzmarkts, todt vom Pferde stürzt.


  1. Der Königsteich war unter den Niederkainaischen Hügeln und reichte wahrscheinlich von der Königsmühle bis Nadelwitz. Sein Zufluß, das Strehlaische Wasser, wurde später ab- und in einen künstlichen Graben geleitet, um es zum Betrieb der Nadelwitzer und Königsmühle zu gebrauchen.