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Hügel mit Laub bewachsen, noch andere so klein sind, daß nur ein einziger Baum auf ihnen Wurzel fassen konnte, der sein grünendes Haupt aus der Tiefe empor zu heben scheint, und wie die Tugend, auch einsam und von feindlichen Gewalten umgeben, in eigener Kraft gedeiht. Das Merkwürdigste aber ist hier eine kleine schwimmende Insel, von mehreren Tannen und Birken bewachsen, auf welcher man, wie auf einem großen Kahne, herumschwimmen, und die Wasservögel — deren es hier eine Menge giebt — schießen kann. Die schöne Dichtung der Alten, deren Phantasie und Glaube, so lieblich verschwistert, jeden Baum und jede Quelle mit göttlichen Naturen bevölkerte, stand hell vor meiner Seele. Hier muß — so dacht’ ich — der Najade Lieblingsplätzchen seyn, wann sie sich über die Wogen ihres Sees erhebt, und auf dieser schwimmenden Insel unter den Blättern einer Hangebirke ruht, die mit ihren fallenden Zweigen, dem emporragenden Stamm, und tief verschlossener Wurzel, alle Elemente dankbar zu erfassen strebt, denen sie ihre

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/58&oldid=- (Version vom 9.9.2019)