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Bernhard Endrulat: Von einem verlorenen Posten. Ein Buch der Erinnerung an Schleswig-Holstein.

seinem Herrn ein Gastgebot, das sich durch eigenthümliche Schaustellung bäuerischen Reichthums in dieser Zeit allgemeiner Noth auszeichnete. Statt der Bänke dienten den Geladenen strotzende Säcke voll Korn zum Sitze, Ueberfluß an Speisen aller Art herrschte auf der Tafel und draußen auf dem Hofe liefen und sprangen Schafe, Schweine, Rinder und Pferde durcheinander und ersetzten durch ihr Geblöke, Geschrei, Gebrüll und Gewieher die Tafelmusik bei dem gräflichen Schmause.

Noch dieser Wahrnehmung so reicher Verhältnisse zeigte sich der Graf noch strenger im Eintreiben der Steuern als zuvor, und seine Gemahlinn Walburgis soll ihn darin nicht wenig bestärkt haben. Da aber beschließen die auf’s Aeußerste gereizten Dithmarscher der Tyrannei ein Ende zu machen.

Am Morgen des 15. März 1145, also an den berüchtigten Iden, erscheint vor dem Schlosse eine lange Reihe von Wagen, hochauf mit gefüllten Säcken beladen. So sind die störrigen Bauern also gefügig geworden und bringen das auferlegte Herrenkorn! Ja, auch in einer andern Weise kommen sie ihres gestrengen Herrn Wünschen entgegen! Schon längst hatte der Graf sein Auge auf die schöne, kräftig-blühende Tochter eines Bauern geworfen, und siehe da! auf dem vordersten Wagen sitzt die Jungfrau, schön geschmückt, wie um ihrem Liebsten zugeführt zu werden. Natürlich ließ man bei so friedlichem,

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Bernhard Endrulat: Von einem verlorenen Posten. Ein Buch der Erinnerung an Schleswig-Holstein.. Gustav Carl Würger, Hamburg 1857, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Von_einem_verlorenen_Posten-Bernhard_Endrulat-1857.pdf/292&oldid=- (Version vom 1.8.2018)