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Gestaltung als militärische Verratshandlung dem Spionagegesetz unterworfen ist. Damit war das Bewußtsein beider Angeklagten im Hinblick auf die Strafbarkeit ihres Tuns besonders geschärft.

Der Angeklagte Kreiser hat in der Hauptverhandlung einen sehr intelligenten Eindruck gemacht und sich auf dem Gebiete des Flugzeugwesens als ungewöhnlich kundig gezeigt. Er war während des Krieges Artilleriebeobachter bei Feldfliegerabteilungen und hat an der Technischen Hochschule in Stuttgart Flugzeugtechnik studiert. Er hat sich auch praktisch in der Fliegerei betätigt und war Mitarbeiter im Flugtechnischen Verein in Stuttgart. Seit 1926 arbeitete er in der dem Deutschen Verkehrsbund angegliederten Luftfahrtabteilung, die er vom Frühjahr bis zum Herbst 1928 sogar allein leitete, organisatorisch mit. Im Jahre 1929 gründete er mit Unterstützung des Deutschen Verkehrsbundes den "Sturmvogel". Auf dem Flugplatz Johannisthal war er längere Zeit tätig und ging dort aus und ein. Auf dem Gebiete des Flugzeugwesens war er auch journalistisch tätig.

Auf Grund dieser seiner Fähigkeiten, Arbeiten und Kenntnisse war er nach der Überzeugung des Senats sich völlig klar, daß es sich bei den von ihm im Abschnitt M erörterten Dingen um militärische Geheimnisse handelte.

Daß er hoffte und bemüht war, das, was er mitteilen wollte, in ein äußerlich harmloses Gewand zu kleiden, ergibt neben der gewählten Ausdrucksform sein oben inhaltlich wiedergegebener Brief vom 24. August 1925 an Röttcher, der geradezu eine Selbstbiographie des Angeklagten Kreiser enthält. Der Kern seiner dortigen Ausführungen ist: Ich schreibe so, daß man zwischen den Zeilen lesen muß! Kreiser hat nun allerdings in der Hauptverhandlung versucht, die Bedeutung des Briefes abzuschwächen. Das geschah indes mit Worten, die nach Ansicht des Senats Ausflüchte sind und keinen Glauben verdienen.

Dazu kommt die Bemerkung im Briefe Kreisers an von Ossietzky vom 4. März 1929, in welchem in bezug auf den zur Anklage stehenden Artikel gesagt wird, er würde wie eine Bombe wirken. Sollte aber der Artikel wie eine Bombe wirken, dann mußte es sich um etwas Geheimes, nicht aber um etwas allgemein Bekanntes handeln. Nur die Enthüllung geheimer Vorgänge konnte die gewünschte "Sensation" bringen; eine solche konnte keinesfalls durch eine harmlose Etatskritik erzielt werden.

Auch der Angeklagte von Ossietzky hat in seinem Briefe vom 10. April 1929 bezüglich dieser Art "Kritik" sich bezeichnender Weise dahin

Empfohlene Zitierweise:
Reichsgericht: Urteil im Weltbühne-Prozess, AZ: 7 J 35/29 – XII L 5/31. Leipzig 1931, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WBUrteil24.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)