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Auch die Ausführungen, die der Reichstagsabgeordnete Krüger in der Sitzung des Haushaltsausschusses des Reichstages vom 3. Februar 1928 - derartige Sitzungen sind nicht öffentliche (Anschütz Bem. 2 zu Art. 29 RV und Giese ebenda Bem. 1) - über eine angeblich bei dem Reichsverkehrsministerium bestehende Abteilung M gemacht hat und aus denen die Angeklagten gefolgert wissen wollen, daß die in dem Unterabschnitt "Abteilung M" des Artikels "Windiges in der deutschen Luftfahrt" erörterten Vorgänge schon vor der Veröffentlichung dieses Artikels im In- und Ausland allgemein bekannt gewesen seien, lassen sich nach den Gutachten des Auswärtigen Amtes und des Reichswehrministeriums nicht zu Gunsten der Angeklagten verwerten, da sich der fragliche Unterabschnitt "Abteilung M" keineswegs nur auf die Wiedergabe der Ausführungen des Reichstagsabgeordneten Krüger beschränkt, sondern darüber hinaus eine ganze Reihe anderer Vorgänge erwähnt, die beim Erscheinen des Nr. 11 der Zeitschrift "Die Weltbühne" vom 12. März 1929 den Regierungen auswärtiger Mächte noch nicht bekannt waren.

Im übrigen hat aber des Reichsgericht wiederholt ausgesprochen, daß als "Nachricht" unter Umständen auch die Bestätigung bereits bekannter Tatsachen anzusehen ist.

Die Angeklagten waren daher wegen vollendeten Verbrechens gegen § 1 Abs. 2 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse zu verurteilen.

Was die Strafzumessung betrifft, so fragt es sich zunächst, ob den Angeklagten mildernde Umstände zuzubilligen waren: Im verneinenden Falle ist gemäß § 1 des Gesetzes vom 3. Juni 1914 der normale Strafrahmen eine Zuchthausstrafe von 2 - 15 Jahren, im bejahenden Falle eine Gefängnisstrafe von 1-3 Jahren. Der Senat hat bei beiden Angeklagten mildernde Umstände angenommen. Sie sind darin gefunden worden, daß sowohl Kreiser, als von Ossietzky bei der Veröffentlichung des zur Anklage gestellten Artikels die Absicht einer Schädigung der Landesverteidigung und der deutschen Reichssicherheit (animus hostilis) nach der Ansicht des Gerichts nicht gehabt haben; ferner darin, daß es nicht ehrlose Beweggründe gewesen sind, die sie zu der Veröffentlichung veranlaßt haben, sondern daß sie von ihrer subjektiven Auffassung der Sachlage ausgegangen sind. Auch ist die Verfehlung nicht derartig schwer, daß sie mit einer Zuchthausstrafe hätte gesühnt werden müssen.

Auf der anderen Seite waren allerdings eine ganze Reihe von strafschärfenden

Empfohlene Zitierweise:
Reichsgericht: Urteil im Weltbühne-Prozess, AZ: 7 J 35/29 – XII L 5/31. Leipzig 1931, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WBUrteil27.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)