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seiner Bedeutung, daß er selbst dies Einungswesen in die Hand nahm, daß er selbst die Abreden zu Stande brachte, die in ihnen Eingeschlossenen verpflichtete, über die Handhabung des Friedens wachte, die Friedebrecher mit den festgesetzten Strafen traf. Zum Verständnis dieser Institution gehört, daß sie sich nicht richtet gegen Handlungen, die an sich schon strafwürdig sind und somit der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterstehen; sie richtet sich gegen die Selbsthilfe, die an sich straflos ist; sie will keinen Fehderechtszustand in der Stadt dulden. Sie ergänzt somit das ordentliche Strafrecht, schafft einen höhern Frieden für das Stadtgebiet.

Der ergänzende außerordentliche Charakter dieser Einungen kommt auch darin zum Ausdrucke, daß sie stets nur für eine gewisse beschränkte Zeitdauer gemacht werden. Sie beruhen auf tatsächlichen Voraussetzungen, die nicht dauernd dieselben sind.

So vernehmen wir auch in Basel schon im dreizehnten Jahrhundert von einer Mehrzahl solcher Einungen. König Rudolf bestimmte in dem Stadtfrieden, den er selbst hier zwischen den Parteien aufrichtete, im März 1286, daß alle vormals geschehenen Einungen stät und unzerbrochen weiterdauern sollen. Was er darüber hinaus festsetzte, hatte singulären Charakter, betraf ausschließlich die Parteiungen der Ritterschaft und sollte nur ein Jahr dauern. Aber bemerkenswert ist, wie doch auch hier ohne weiteres der Rat als Träger und Hüter des Friedens und als sein Richter hingestellt wurde. Seine Kompetenz war nicht unerheblich. Er erlangte eine Strafgewalt, die derjenigen des Vogts an die Seite trat, erst ergänzend, dann notwendiger und natürlicher Weise konkurrierend.

Dem Stadtfriedensgebot unterlagen alle Einwohner; es galt für ein Gebiet, dessen Umfang durch Kreuze bezeichnet wurde. Den frühern Bereich eines Stadtfriedens scheint der Mauergürtel zu zeigen, der um das Jahr 1200 geschlossen war. Als diese Mauern entstanden, mögen die Kreuze weiter hinaus geschoben worden sein, so daß ihr Umkreis mit der äußern Grenze der meist noch offenen Vorstädte zusammenfiel; der Stadtfriede Rudolfs galt deswegen für die Stadt und für die Vorstädte. Der Fortschritt der Bebauung und die Schließung der Vorstädte machte dann ein nochmaliges Hinausschieben nötig; von diesen äußern Kreuzen reden die Stadtfriedensurkunden des vierzehnten Jahrhunderts.

Auf der Uebertretung des Friedegebotes stand, der Natur der Sache gemäß, die Verweisungsstrafe; wer den Stadtfrieden brach, sollte seiner auch selbst nicht genießen, sondern aus der befriedeten Stadt weichen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/91&oldid=- (Version vom 1.8.2018)