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entstand das öffentliche Recht der Stadt. Was in dieser Beziehung einzelne Bischöfe taten, ist gesagt worden; dokumentarisch festgestellt ist das Letzte dieser Art, mit Dauer auf lange hinaus, in der Handfeste Heinrichs von Neuenburg. Und auf diesen Rechtszustand, das öffentlich rechtliche Verhältnis zwischen Bischof und Stadt beziehen sich denn auch die Privilegien der Bischöfe, mit denen sie einzelnen ihrer Landstädte — Biel, Delsberg, Laufen — die Freiheiten verleihen, „deren die Bürger von Basel genießen“.

Von den einzelnen Formen, die in der frühern Zeit dieses Verhältnis des Stadtherrn zur Gemeinde beherrschten, ist nur das Schwören der Bürger bezeugt. Es wurde dann in die Handfeste-Verfassung herübergenommen. Jener alte Eid verpflichtete die Bürgerschaft dazu, die Rechte des Bischofs und seiner Kirche nicht zu verletzen; im Jahreid der folgenden Jahrhunderte geloben sie, dem Bischof zu raten und zu helfen wider Jedermann und der Kirche ihre Rechte zu erhalten. Das Handfesterecht hatte das Verhältnis auf eine neue Grundlage gestellt: man huldigte nicht mehr als Untertan, sondern man beschwor ein Abkommen.

Auch über das alte Civilrecht, das der städtischen Wirtschaftsform entsprechend sich vom allgemeinen Landrechte und durch besondere Eigentümlichkeiten vom Recht anderer Städte mag unterschieden haben, sind wir kaum unterrichtet. Papst Innocenz IV. erwähnt 1248 die alten Rechte und Gewohnheiten der Stadt Basel, im besondern ihr Statut über Ersitzung von Sachen, und bestätigt sie. Und die Urkunden der folgenden Jahrzehnte reden nur gelegentlich von dem Rechte der Stadt, dem jus municipale civitas Basiliensis, viel häufiger aber von der Sitte, der guten Gewohnheit, der Observanz. Ein Rechtsspruch stützt sich ausdrücklich auf die erprobte Gewohnheit, die approbata consuetudo civitatis, als die beste Auslegerin der Gesetze. Die verschiedensten Gebiete des Privatrechts werden dabei unter die Regelung durch dies Recht und diese Gewohnheit gestellt: Leihe und Zinsrecht, die Vergabung, aber auch das Eherecht, die Morgengabe, die gegenseitige Erbseinsetzung von Ehegatten. Und zwar nicht nur am Stadtgericht, sondern auch an den Curien der Officiale.

Dies war die Stadt und ihr Rat. So eigenartig ihr Wesen und so mannigfach ihre Tätigkeit sich darstellt, können wir doch nicht behaupten, daß sie schon jetzt, in der Zeit König Rudolfs, dem Bischof entwachsen sei. Was unter Heinrich von Neuenburg die bischöfliche Stadtherrschaft ausmachte, das bleibt in diesem Bestande formell unversehrt noch ein volles Jahrhundert lang. Die wesentlichen Rechte der öffentlichen Gewalt ruhen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/94&oldid=- (Version vom 1.8.2018)