Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 3.pdf/216

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Jugend gefeiert als der froheste aller Poeten. Er verkehrt viel mit den Baslern, besucht sie oft, läßt 1515 hier sein Preisgedicht auf die Stadt Freiburg neu drucken und steuert zu den Topica des Cantiuncula in einer Reihe prächtiger Distichen einen Hymnus auf diese Zeit, in der alle Wissenschaften erneuert werden, frühere Mächte und Geister wieder erwachen.

Die große Gestalt unter den Freiburgern aber ist Ulrich Zasius.

Ehe er, achtundvierzigjährig, im Jahre 1506 die ordentliche Lektur des römischen Rechts an der Universität übernahm, hatte er in Verwaltungsdienst und politischem Geschäft, im Schulehalten und als Lehrer der Poesie die Stärke seines Geistes erwiesen. Alles schloß sich nun zusammen zu derjenigen Erscheinung eines in voller reifer Kraft wirkenden Mannes, die einige Jahrzehnte lang unsere Vorstellung von Freiburg beinahe völlig beherrscht. Zasius war auch in der Jurisprudenz durchaus Humanist. Freiheit von der traditionellen Autorität der Glossatoren und Rückkehr zu den Quellen fordernd, glänzend beredt, das gepflegteste Latein schreibend, von ausgedehntem Wissen; dabei heiß und leidenschaftlich in seinem Wesen, von mächtiger persönlicher Eindrücklichkeit. Als die außerhalb Basels am Oberrhein am meisten vortretende Humanistenfigur hat Zasius zu gelten. Nach allen Seiten war er anregend, auf allen Gebieten voll Interesse. Er stand dem Brant und dem Wimpfeling nahe; noch enger waren seine Beziehungen zu Basel, wo er sich geradezu als Genossen der Sodalitas fühlte. Hier hatte er seinen Schüler Bonifaz Amerbach, hier den Cantiuncula; den Rhenan nannte er seine „Wonne“; noch war Ökolampad sein Freund. Aber der Höchste war ihm Erasmus. Dem in Basel kaum Angekommenen, 1514, huldigte er sofort in einem Erguß schwärmerischer Verehrung; in ähnlichen Tönen erwiderte Erasmus diese „Aufforderung zur Freundschaft“. Von da an ging der Briefwechsel der beiden berühmten Nachbarn weiter, voll Geist, erlesener Kunst des Stiles, eleganter Schmeichelei; wohl die stärkste Korrespondenz, die Erasmus in Deutschland hatte.

Zu den oberrheinischen Humanisten kann auch die Gruppe am Bodensee gerechnet werden.

Konstanz freilich galt Vielen als „ein von den Musen verlassener Ort“; der Engländer Pace urteilte, daß es keine Gelehrten besitze und keine Bücher. Aber die dortigen Freunde unserer Basler zeigten, wie wenig Grund ein solches Urteil hatte.

Da war Johann von Botzheim, Domherr seit 1512, nachdem er ein Jahrzehnt lang in Straßburg mit Wimpfeling Geiler Luscinius u. A. gelebt hatte. Jetzt war er der große Humanistenfreund in Konstanz. Ohne

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/216&oldid=- (Version vom 1.8.2018)