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Szene, da ihm sein Platz in der Aula nicht bewilligt wird und er daher in den Saal einreitet und auf seinem Pferde sitzend der Disputation beiwohnen will; dann im September 1516 das Herabreißen seines eine Senecavorlesung ankündigenden Anschlages durch die Gegner, sind Einzelheiten aus dem Kampfe.

Gekämpft wird, weil Tätigkeit gegen Tätigkeit steht. Das mächtige Arbeiten der Humanisten treibt die Universität dazu, ihre Kraft stärker anzuspannen. Unverkennbar hebt sich ihr Leben. Daher 1512 in Aussicht genommen wird, auch geistlichen Personen den Besuch von Vorlesungen über Physik und kaiserliches Recht zu gestatten. Daher dem Pädagogium eine neue Ordnung gegeben wird. Auch die Zunahme der Inskriptionen gibt das Bild gesteigerten Daseins.

Bemerkenswert ist, daß auch die städtische Behörde sich regt. Wir täuschen uns kaum durch die Annahme einer Gruppe im Rate, die eine Reformation der Universität will und dabei unter der Anregung und Beratung humanistischer Kreise steht. Wir denken an Adelberg Meyer, an den mit Rhenan befreundeten Jacob Meyer zum Hirzen, an den Stadtschreiber Gerster; der die Gelehrten und die Regenten zugleich repräsentierende Ludwig Bär ist Vermittler.

Die Wirkungen zeigen sich begreiflicherweise zuerst bei der juristischen Fakultät, wo staatliche Interessen direkt beteiligt sind. Hier ist der Einfluß des Zasius mächtig. Hier wird 1518 Claudius Cantiuncula Professor des Zivilrechts. Hier treten zu dieser Zeit auch Stephan Fredoleti und Thomas Murner ein.

Thomas Murner, dem Barfüßerorden angehörend, Doktor der Theologie und beliebter Volksprediger, geistreich, „von jeder Kunst etwas wissend“, kommt im Sommer 1518 nach Basel. Die Stadt ist ihm, dem Elsässer, von früher her bekannt; seinen alten Freund und Studiengenossen Johann Werner von Mörsberg findet er hier in hoher domstiftischer Würde. Er immatrikuliert sich bei der Universität und hält Vorlesungen über römisches Recht, mit einer städtischen Besoldung.

Hier publiziert er jetzt auch, verbreiteten Popularisierungstendenzen folgend, seine Übersetzungen aus den Rechtsbüchern; in demselben Bestreben, es den Leuten leicht zu machen, bedient er sich zum Unterricht im römischen Rechte des von ihm hiefür erfundenen Kartenspieles. Wie schon der Elsässer Mathias Ringman seine Schüler die Grammatik, der Pariser Jacob Faber die seinen die Verskunst durch das Mittel von Spielkarten zu lehren verbucht haben, so tut Murner. Er will Wissenschaft lehren und dabei die Arbeit durch das Spiel, den Ernst durch den Scherz ersetzen. In Krakau

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/270&oldid=- (Version vom 1.8.2018)