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Übereinstimmungen dieser Gruppe mit alten Gemeinschaften Basels denken, ohne direkte Abhängigkeit von ihnen annehmen zu müssen; jedenfalls aber haben wir sie zu betrachten als eingeschlossen in die allgemeine Bewegung der Geister, in die allgemeine Entwickelung der Zustände.

Im August 1525 wurde bekannt, daß im Hause des Schneiders Michel Schürer an der Weißengasse (No. 17) geheime Versammlungen stattfanden; außer Schürer und seiner Frau waren der Weber Lorenz Hochrütiner, der Korrektor Ulrich Hugwald, und Andere, im Ganzen neun Personen, die Teilnehmer. Sie kamen täglich zusammen, ließen Einen unter ihnen predigen und hatten auch die Wiedertaufe an einander vollzogen. Der Rat nahm sie Alle in Haft; am 16. August freigelassen, mußten die Hauptschuldigen die Stadt für immer verlassen, die Andern schwören, sich solcher Dinge künftig zu enthalten; als Strafe der Übertretung wurde den Männern Enthauptung, den Weibern Ertränkung angedroht.

Der Rat mochte anfangs geglaubt haben, ein Überbleibsel der vor Kurzem niedergeschlagenen Revolte vor sich zu haben; die Untersuchung zeigte aber etwas ganz Anderes: eine friedliche Gemeinschaft von Brüdern, eine von Welt und Staat sich durchaus absondernde Gemeinde der Heiligen nach dem Vorbilde des Urchristentums. Buße und völlige Sinnesänderung waren die Bedingungen für den Eintritt in diesen Kreis, das als erreichbar geltende Ziel die Sündlosigkeit. Form des Eintrittes war die Taufe, die aber nur der seines Glaubens Gewisse und Bekehrte erhalten konnte. Dem Staate verweigerten die Brüder Eid und Waffendienst; sie erkannten allein Gott als ihre Obrigkeit an.

In dieser ganzen Tendenz lag für die Staatsgewalt sowohl als für die Kirche eine Herausforderung.

Der alten Kirche war das Täufertum eine Ketzerei so gut wie das Luthertum. Aber sie sah gerne, daß es in die Reihen ihrer Gegner Unruhe und Zersplitterung brachte. Was sie von der Sache selbst hielt, hat besonders scharfen Ausdruck gefunden durch Amerbach: ihm waren die Täufer eine Höllenbrut, Verbrecher, Schwarmgeister denen man das Schlimmste zutrauen konnte, aber mit dem Allem nichts Anderes als ein natürliches Produkt der Lehre Luthers.

Daß der Rat gegen die Täufer einschritt, ist begreiflich. Er hatte eine Verweigerung öffentlichen Gehorsams und Dienstes vor sich; auch erschien ihm diese neue Parteiung als ein Übel. In Verhaftungen Bestrafungen Wegweisungen zeigte er den Täufern seinen Unwillen; in wiederholten Mandaten äußerte er sich gegen sie. Aber das Alles hatte wenig Wirkung.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 478. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/499&oldid=- (Version vom 1.8.2018)