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war man der Meinung, das Geschäft erst andern Tages zu endigen und inzwischen zu ruhen.

Aber es ward eine ruhelose Nacht. Die Stadt lag halbwach, in vielen Häusern fürchtete man Überfall und Gewalttat. Um Wachtfeuer auf dem Marktplatze lagerten Mannschaften, andere waren in den nahen Zunfthäusern postiert. Durch die Gassen zogen verstärkte Wachtrotten; die Flammen der da und dort an den Straßenecken angezündeten Leuchter und Laternen schimmerten flackernd durch die rauhe Februarnacht. Allerhand Reden gingen hin und her. Meltinger war nicht mehr im Rat erschienen; er wußte, der Gehaßteste zu sein, und es gab in der Tat Solche, die ihn mitten auf dem Marktplatz an einen Galgen zu hängen Lust hatten. Da erfuhr man, daß er zusammen mit Junker Egli Offenburg heimlich in einem Kahne rheinab gefahren sei, vielleicht willens, nach Ensisheim zu den Österreichern zu gehen. Auch von Hans Oberriet hieß es, er sei entwichen.

Das war die große Nacht, in der das alte Basel ein Ende nahm.

Früh am Dienstag 9. Februar begann die Ratssitzung; wieder sammelte sich das Volk, zu Tausenden wachsend, auf dem Marktplatze.

Es stand und harrte, harrte bis in den Nachmittag. Was war aus den Versprechungen des gestrigen Abends geworden? Der Rat hielt noch immer die Sache hin, und der Unwille stieg in der Menge, die das lange Warten in der Kälte verdroß. Einige verlangten nach Bewegung, sie wollten die Stadt durchziehen, nach den Wachtmannschaften bei den Toren sehen; in ihrer Laune gefiel ihnen auch, wieder einmal den stolzen Bezirk auf Burg zu besuchen, diese eigenste Welt des gegen den Untergang sich vergeblich sträubenden Gegners. An den Adels- und Domherrenhöfen vorüber gingen sie ins Münster, dort kaum darauf achtend, daß eine ihrer Hellebarten eine Altartafel zu Boden warf. Mit den deswegen sie zur Rede stellenden Geistlichen zu streiten vermieden sie; aber beim Rückwege zum Markte stießen sie schon auf einen erregten Trupp, der auf die Kunde des Geschehenen hin ihnen nachgezogen war. Da schlug Einer vor, die Stunde mit Zerschlagung der Götzen auszufüllen, das im Vorjahre zu St. Martin Begonnene zu vollenden. Alle stimmten bei, und die Schar wandte sich gegen das Münster. Dessen Portale, durch die zitternden Kapläne inzwischen geschlossen, zertrümmerten die Erregten. Zornig über diese Abwehr, ungeduldig, in rasch wachsender Zerstörerwut, stürmten sie durch die weite Kathedrale, dann durch alle andern Kirchenräume Großbasels, überall schonungslos und unter Hohnrufen die Bilder mit Axthieben zersplitternd, mit Hämmern zerschmetternd. Zur gleichen Zeit arbeiteten sie da und dort,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 513. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/534&oldid=- (Version vom 1.8.2018)