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es zeigt, wie neben den Regenten eine öffentliche Meinung steht, wie sie sich äußert, wie sie sich wandelt.

In der Schweiz kam nach der ersten Consternation über Marignano zunächst eine Erhebung in trotziger Festigkeit. Zehn Tage nach der Schlacht verfügte die Tagsatzung ein zweites Aufgebot in der Macht von zweiundzwanzigtausend Mann. Basel stellte hiezu sechshundert, die Jacob Meyer zum Hasen führen sollte. Die auffallend stattliche Rekrutierung dieser Schar, mit bekannteren und älteren Bürgern als bei andern Zügen, beweist, daß die Stadt zu Allem entschlossen, aber auch daß sie bei den Reserven angelangt war.

Doch blieb es beim Aufgebote. Die Eidgenossenschaft erkannte noch beizeiten ihre Isoliertheit, die Treulosigkeit ihrer Verbündeten. Und wie jetzt die politische Sorge an die Stelle des Trotzes trat, so erhob sich nun auch, die durch den Trotz noch darniedergehalten worden war, die Reue. Schon früh, auf dem Heimwege, das Grausen des Schlachtfeldes noch in Aug und Ohr, hatten die Basler Hauptleute nach Hause geschrieben: „Wir achten aber das für ein straf von gott.“ In dieser Stimmung des Insichgehens beschäftigte sich die Tagsatzung mit den Unfugen ihrer Truppen in Gotteslästerung Schändung u. dgl. und mit dem alten Übel der Pensionen: die Basler Behörde erleichterte sich in einem scharfen Sittenmandate.

Aber das politische Leben konnte nicht stillestehen. Vor Allem das Verhältnis zu Frankreich bedurfte der Ordnung. Die westlichen Städte, an Marignano nicht beteiligt, setzten durch, daß ein Ausgleich gesucht wurde. Bei den Verhandlungen hierüber, die im Spätherbste 1515 in Genf geführt wurden, ließ sich Basel durch Lienhard Grieb und Hans Gallizian vertreten; seine Meinung war, mit dem Sieger einen Frieden zu schließen, keineswegs aber auch ein Bündnis. Gleich ihm waren Uri Schwyz Zürich und Schaffhausen gesinnt. So waren es fünf Orte, die sich nur zu einem Friedensvertrage herbeilassen wollten; die ihnen gegenüberstehenden acht Orte strebten nach einer Allianz.

Basel erklärte gelegentlich, daß es von dem „Spiel“ überhaupt nichts mehr wissen wolle. Aber solche Resignation war unhaltbar. Es mußte etwas geschehen. Das Traktandum Frankreich beschäftigte unabtreiblich die Geister, und es gab nur die beiden Möglichkeiten des Friedens oder der Allianz. So leidenschaftlich umstritten, daß über dieser Differenz zeitweilig die Eidgenossenschaft selbst in Stücke zu gehen drohte. Kaiserlich oder französisch, Ghibellin oder Guelf waren die Schlachtrufe, denen gegenüber die Partei

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/58&oldid=- (Version vom 1.8.2018)