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mehr zu sehen. Der Wanderbursche saß auf einem bemoosten Steine am Waldesrande, und vor ihm lag eine einsame Waldwiese. Die Sonne neigte sich zum Untergange, und oben in den Wipfeln der Bäume sangen die Vöglein ihr Abendlied. Dem Handwerksburschen war alles wie ein Traum, er stand auf und ging nach Kleinwolmsdorf. Dort erzählte er den Leuten, was ihm begegnet war. – Diese Scheinhochzeit soll sich jedes Jahr wiederholen. –

Das alte Wirtshaus im wüsten Dorf Reinhardtswalde. Die Scheinhochzeit.

Das wüste Dorf liegt abseits von den Verkehrswegen. Still ist es dort, waldeinsamstill an der Stätte jenes ehemaligen Dorfes. Nur den Wald hört der Wanderer rauschen und die Waldvöglein singen. Doch des Nachts, wenn die Waldkäuzchen klagen und der Vollmond über dem Waldmeere droben am Himmel steht, dann hört man durch den stillen Forst die Glocken von Reinhardtswalde lauten. Auf dem Kirchberg erhebt sich ein altehrwürdiges Kirchlein mit hellerleuchteten Fenstern. Geisterhafte Gestalten ziehen hinaus zum Gotteshause.

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 055. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_055.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)