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streng lutherisch. Seine Hauptsorge ging nun vor allen Dingen dahin, das Luthertum in dem von ihm verwalteten Lande wieder herzustellen und zwar in seiner ursprünglich reinen Form. Der erste Schritt hierzu war die sofortige Verhaftung des Kanzlers Dr. Crell und des Dr. Pfeifer’s Wiedereinsetzung. Crell wurde nach dem Königsteine in strenge Hut gebracht. Über 10 Jahre befand er sich daselbst. Auch die beiden Hofprediger Salmuth und Steinbach, die mit dem einstigen Kanzler im vollen Einverständnis gehandelt hatten, wurden verhaftet und im Jahre 1592 nach der Festung Stolpen als Staatsgefangene gebracht. Schöttgen erzählt hierüber in seiner „Wurzener Historie“ folgendes:

„Als der Ruf davon in Dresden auskommen, daß Salmuth und Steinbach in Arrest genommen werden sollten, hatten sich viele Leute anno 1592 den 8. Mai, Mittwoch nach Pfingsten, versammelt, das Straßenpflaster aufgerissen und würden sie (die eben genannten Geistlichen) sehr übel tractirt haben, wenn nicht der Stadt-Hauptmann mit der Garnison und Bürgerschaft dazwischen kommen wäre und die gedachten Beiden (Salmuth und Steinbach) in starker u. schützender Begleitung auf das Schloß Stolpen gebracht hätte. Daselbst hat aber der Teufel, wie der Amtsschösser Thomas Teutter, Verwalter zu Stolpen, an den damaligen Administrator umständlich berichtet, ihn (den Thomas Treutter) des Nachts oft besuchet, sich in seinem Handbecken gebadet, das Bänklein fortgerücket, die Bücher umgeblättert und hin- und hergeworfen. Salmuth und Steinbach, die eben daselbst als Gefangene gesessen, haben ausgesagt, daß sie desselbigen Tages, da er durchgehen wollen, einen Bauern in einem roten Leder mit einem Fuhrmanns Hut und Federn vorbeigehen sehen. Es soll auch ein großes Wetter auf dem Schlosse gewesen sein, daß die Ziegel von den Dächern gefallen sind und niemand sicher auf dem Schloßhof hat gehen können. Es soll auch der Teufel von Stolpen aus nach Bischofswerda zu ein groß Wetter erregt haben, so daß in selbigen Strich nicht der dritte Halm stehen geblieben ist. Zu Bischofswerda sind durch die Schloßen, die wie Welschnüsse groß waren, den Bürgern die Fenster eingeschlagen worden, sodaß jedermann gemeint hat, der jüngste Tag würde kommen.“ – Die einzelnen Umstände berichtet Treutter an seinen Vorgesetzten mit Furcht und Zittern. Ihm ist dabei ganz angst beim Niederschreiben geworden, und es scheint, als wenn er gefürchtet habe, er werde sein Leben darüber einbüßen müssen.

Dem gefangenen Hofprediger Steinbach scheint aber auf der Burg Stolpen die Zeit sehr lang geworden zu sein; denn er versuchet am 19. Juni 1592 auf folgende Art die Freiheit zu erhalten:

„Er hat die Türe seines Gefängnisses mit einem Brotmesser zerschnitten und weil es ihm, als einer schweren Person, daraus zu kriechen, unmöglich gewesen, mit einem Scheite eine drei Zoll starke Pfoste zerschlagen. Hierauf ist er, wie Treutter schreibt, mit Hilfe des Teufels durch drei andere verschlossene Türen, die ganz unversehrt geblieben, durchkommen. Hierauf hat er oben im Schlosse in einem Wendelstein, in einem Fenster, daran er zwei Ofengabeln kreuzweise inwendig vor das Loch gebunden, ein Handtuch ausgehangen, dazu alles Bettgeräte, so man ihm gegeben, wie schmale Handtücher zerschnitten, recht fest zusammengenäht, dreifach überstochen und sich also über 50 Ellen hoch herablassen wollen. Es ist ihm aber sein Vorhaben mißlungen und hat, ehe er heruntergekommen, einen Fall getan und brach den Oberschenkel des linken Beines. Er hatte auch einen Zettel, den er mit Fensterblei geschrieben, nebst einem Packet in dem Gefängnis liegen lassen, welches Treutter nach Dresden geschickt hat. Was der Inhalt war, ist aber unbekannt geblieben.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_127.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)