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Am 13. September 1706 übernachtete der König Karl XII. von Schweden mit etlichen seiner Truppen in Radeberg und verlegte wegen Mangels an Raum etliche Regimenter nach Kleinwolmsdorf bei Radeberg, die einige Tausend Pferde bei sich hatten. Die Schweden brachten daselbst nur eine Nacht zu, und doch wurde die ganze Ernte verzehrt und zum größten Teil verdorben. „Die Soldaten haben die Häuser und Höfe mit ihren Leuten, die Reiter mit ihren Pferden in den Gärten, an die Planken, gemeine Wiesen, auch Scheunen sich Platz gemacht, den Weiß- und Futterhaber, Garben schockweise den Pferden vorgeworfen, dem Korn die Ähren abgehauen; das Heu und Getreide bei manchem meist vernichtet; Nachts bei entstandenem Platzregen von Weizengarben sich Hütten gemacht und also überall, trotz des Verbotes, ein traurig Schauspiel nach sich gelassen,“ schreibt der Chronist, ein Augenzeuge jener Tage.

Ein Trupp Schweden vom Regimente des Obersten Cronmann, der in Radeberg lag, kam den 28. September über Arnsdorf früh um fünf Uhr auch nach Stolpen. Die Schweden hielten am Niedertore und begehrten Einlaß. Da ihnen dieser verweigert wurde, verschafften sie sich solchen gewaltsam. Mit Äxten zerschlugen sie die Tore, stellten sich auf dem Marktplatze auf und besetzten die Zugänge nach der Festung. Da sie aber bemerkten, daß man da oben auf guter Hut wäre und nicht nur mit dem Geschütze umzugehen verstehe, sondern auch „einige Mannschaft“ durch zwei verschiedene Tore ausfallen lasse, entfiel ihnen der Mut, so daß sie über Hals und Kopf bis an die Hospitalkirche zurückwichen. Es war aber der rechte Ernst des Festungskommandanten nicht, diese zusammengelaufene und zum Teil unbewaffnete „Rotte“ anzugreifen. Leicht hätte man die schwedischen Beutesucher aufreiben können, denn dazu war die Furcht dieser Herumtreiber groß. Doch man dachte in der Festung daran, daß die Schweden Verstärkung erhalten könnten und zog es darum vor, lieber zum neuen Angriff alles in guten Verteidigungszustand zu setzen und die Stadt wohl zu verwahren.

Schon am 29. September kamen zwanzig schwedische Reiter nach Stolpen. Sie ritten vor das Haus des Bürgermeisters Jäckel und forderten Kontribution. Doch in diesem Augenblicke kam ein Teil der Burgbesatzung mit gefällten Waffen von der Festung herab. Wie die Soldaten diese erblickten, schwangen sie sich auf ihre Pferde und jagten eiligst davon.

Auf der Festung befand sich damals außer dem Oberstleutnant und Kommandanten noch ein Major, der ziemlich unwillig darüber war, daß sich die am Niedertore stehende Bürgerwache nicht besser vorgesehen hatte. Er ordnete daher an, daß sogenannte „spanische Reiter“ vor beiden Toren aufgestellt würden. Davon erhielten die Schweden bald Nachricht und meinten, die Stadt wolle sich auf diese Weise der Kontribution entziehen. Deshalb blieben sie während der Nacht in Fischbach, zwischen Stolpen und Radeberg, liegen, zogen aus Radeberg eine Verstärkung nach und kamen am folgenden Morgen in aller Frühe wieder nach Stolpen. Die zur Befestigung der Tore aufgestellten spanischen Reiter wurden niedergehauen, das Tor wurde mit Gewalt abermals erbrochen, und der Feind zog wiederum in die Stadt ein. Vor dem Hause des Bürgermeisters nahm er Aufstellung und forderte von neuem Kontribution. Doch von der Festung aus wurde ein Ausfall gegen den Feind in’s Werk gesetzt. Als die Schweden solches bemerkten, ritten sie wieder in großer Eile zum Tore hinaus. Darauf forderten die Schweden den Amtmann und den Rat vor das Tor, woselbst wegen der Lieferung mit ihnen verhandelt werden sollte. Der Herr Amtmann nahm den kommandierenden schwedischen Offizier „unter guter Versicherung“ mit sich hinein in den Gasthof, um dort

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_149.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)