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Bewohnern als eine große Last empfunden. Damals gab es in der Stolpener Gegend außer zahlreichem Hochwilde noch allerlei Raubtiere, wie Bären, Wölfe, Luchse und Wildkatzen. Am gefürchtetsten waren die Wolfs- und Luchsjagden. Diese wurden gewöhnlich in den strengsten Wintertagen abgehalten, und Dörfer und Städte hatten die nötigen Treiber zu stellen. Bei mancher Jagd waren weit über 500 Treiber nötig. Diese Jagddienste unterlagen keiner allgemeinen Regelung und Begrenzung, sondern es mußten die Untertanen, „so oft sie erfordert“, dazu erscheinen, und nicht etwa nur zu den Jagden, die in ihrem Amte abgehalten wurden, sondern auch in fremden, entlegenen Gegenden. So mußten die Bewohner von Fischbach, Seeligstadt, Schmiedefeld, Wilschdorf bis nach Hohnstein in der Sächsischen Schweiz kommen. Die Bauern hatten gewöhnlich die Jagdgeräte mit Geschirren dahin zu schaffen und auch wieder von dort zurückzuholen. Die Treiber waren oftmals wochenlang von der Heimat, von Weib und Kind weg. Bei den Wolfsjagden verlor mancher sein Leben, und doch durfte bei hoher Geldstrafe kein Mann bei der angesagten Jagd fehlen. Nur Krankheit entschuldigte. Solche Jagden wiederholten sich im Laufe eines Winters viele Male. So dauerten z. B. im Amte Stolpen die Wolfs- und Luchsjagden im Jahre 1687 vom 10. Januar bis 5. März mit nur kurzer Unterbrechung. Da aber dieser Winter sehr kalt und schneereich war, so blieben von dieser Jagd so viele Treiber zurück, daß Seeligstadt 96 Gulden, Fischbach 112 Gulden und 6 Groschen, Wilschdorf 137 Gulden und 3 Groschen, Schmiedefeld 96 Gulden, Langenwolmsdorf 325 Gulden und 15 Groschen Strafe zu zahlen hatten. Für das ganze Amt Stolpen betrug die Strafe 1400 Gulden. Auf eine eingereichte Bittschrift hin wurde den betreffenden Gemeinden die Strafe um die Hälfte erlassen.

Schlupfwinkel für die zahlreichen Wölfe waren früher in der Stolpener Gegend die waldreiche Masseney bei Seeligstadt und der umfangreiche Karswald bei Fischbach oder der Fischbacher Wald. Noch im Jahre 1750 wurden hier Wölfe erlegt.

Groß war der Schaden, den das Wild verursachte. Feld- und Gartenbesitzer waren wahrlich schlimm daran. Die erste Wildschädenvergütung gewährte den Feldbesitzern Kurfürst August der Starke. Diese Vergütung erstreckte sich gewöhnlich auf ganze Gemeinden und bestand in der Erlaubnis, in den Königlichen und Kurfürstlichen Forsten Holz zu lesen, Streu zu rechen, das Vieh darin zu weiden. –

Die Frondienste erhielten sich mit weniger Abänderung bis in das 19. Jahrhundert. Es gibt noch alte Leute in den Dörfern, welche in ihrer Jugend Frondienste tun mußten. –

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_157.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)