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Blutrinnen. Die Vertiefungen dienten zur Aufnahme des Blutes der Opfertiere, zur besseren Erhaltung des Opferfeuers, zum Hineinstellen von Gefäßen, auch zur Aufstellung von Standbildern oder Götzenbildern. Andere Vertiefungen sind als die Sitzplätze der altheidnischen Priester zu betrachten. In den drei größten jener kesselartigen Vertiefungen sieht die Volkssage „Viertel, Metze und Mäßchen“, in welchen der Teufel denen nachmißt, welche falsches Maß führen. Ueber die Entstehung dieser Vertiefungen sagt Preusker: „Wohl ist es möglich, daß die flacheren Vertiefungen vom Einflusse der Witterung herrühren, allein wenigstens bei jenen dreien kann, bei ihrer Größe, regelmäßigen Eingrabung und Lage, nur auf Menschenhand von frühester Zeit geschlossen werden.“[WS 1]

Bei aufmerksamer Betrachtung der näheren Umgebung dieses turmartigen Felsenaltares bemerkt man, daß eine Aufschichtung von größeren und kleineren Granitblöcken diesen mauerartig in Kreisform wie ein Wall umgibt. Dieser deutlich wahrnehmbare Steinwall ist jedenfalls kein Werk der Natur, sondern der früheren Menschen, welchen einst diese Höhe als Kultusstätte diente. Preusker sagt hierzu: „Jene rätselhafte wallartige Steinschichtung, von dem Hochsteine[1] einige Ellen entfernt, beginnt nordwestlich mit einer scheinbar polygonartigen Steinaufhäufung, etwa 14 Ellen lang und auf 5 Ellen hoch und breit, die deshalb vielleicht von Menschenhänden bewirkt ist, weil hier weniger eine solche Schichtung der Platten, wie anderwärts von Natur erfolgte, vielmehr nur ein bloßes Aufeinanderwerfen loser Felsblöcke sich ergibt; mehrere dabei befindliche (oft fälschlich für Basalt gehaltene) einzelne Bruchstücke von dichtem, schwarzem Grünstein, der oft 1–2 Fuß breit gangweise den Granit durchsetzt, jedoch gerade nicht in den Schichten des nahen Felsens bemerkt wird, zeigen, daß nicht eine ursprüngliche Lage der Steine dort anzunehmen ist. Dann zieht sich diese Steinaufhäufung mit Unterbrechungen und zuweilen mehr natürlich geschichtet nordwestlich in gerader Richtung auf 80 Schritte hin, worauf sie in südwestlicher Krümmung in einen sich später verflachenden, möglicherweise auch der Natur zuzuschreibenden Erdwall überzugehen scheint. Man will aber auch auf der anderen Seite des Felsens ebenfalls ähnliche Steinaufschichtungen bemerkt haben, und daher der Vermutung Raum geben, daß solche vielleicht einen heiligen Platz um den Felsen umschlossen, ebenso wie Menschenhände selbst die oberen Steinplatten des letzteren zu heiligen Zwecken und die unteren zum Heraufsteigen besser geschichtet haben könnten, indem sich anderwärts nicht minder kaum glaubliche Leistungen von ähnlicher Steinbewegung ergeben und zwar oft als riesenhafte Steinkreise um Opferaltäre in germanischen Gegenden.“[2]

Der Sibyllenstein ist eine Heimstätte der Frau Saga.

Böhnisch erzählt in seiner Chronik von Kamenz über den Hoch- oder Sibyllenstein folgendes:

„Am Fuße des Hochsteins entsprang gegen Sonnenaufgang ein Kristallquell und rieselte in goldenen Flüßchen über glänzend flimmernden Boden durch den heiligen Hain und bespülte plätschernd die Wurzeln der schlanken Tannen, deren hohe Gipfel bei Annäherung der Göttin melodisch rauschten. Segen strömte auf dem geweihten Wasser dieses Quells


  1. Hochstein nennt man vielfach auch nur den turmhohen Felsenaltar auf dem Rücken des Berges.
  2. Vgl. Preusker: „Blicke in die vaterl. Vorzeit. 1841, Bd. II, Seite 221 u. 222.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Karl Benjamin Preusker, Blicke in die vaterländische Vorzeit, Band 2, S. 216 ff. Google
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_239.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)