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116. Die drei Kreuze in Kamenz.

Vor dem Königsbrücker Tore in Kamenz sieht man in der Gegend des Turmes der Sankt Jodocikirche drei Kreuze. Dieselben sollen an einen hier begangenen dreifachen Mord erinnern. Ein wohlhabendes Bauernmädchen aus Lückersdorf hatte nämlich einem Schmiedegesellen aus Brauna Hand und Herz versprochen, allein das Mädchen änderte bald die Gesinnung und schenkte seine Liebe einem Gärtner aus Liebenau. Der verschmähte Liebhaber sann nun auf Rache, doch es war ihm noch keine Gelegenheit geboten, Rache an jener Untreuen zu üben. So kam unterdessen der Trauungstag des jungen Paares heran. Während dasselbe in der Kirche eingesegnet ward, versteckte sich in dem Gäßchen bei jener Kirche der Schmiedegeselle. Als nun das junge Paar aus der Kirche kam und nach Liebenau gehen wollte, stürzte der verstoßene Geliebte plötzlich hervor, erstach erst seine frühere Geliebte, die junge Braut und Frau, dann deren Gatten und zuletzt, ehe es jemand zu hindern vermochte, sich selbst. Die drei Kreuze sollen nun den Platz, wo der dreifache Mord geschehen und wo alle drei Personen auch begraben liegen, bezeichnen.


117. Die Schanze auf dem Reinhardtsberge bei Kamenz.

Dem vielbesuchten Schloßberge zu Kamenz gegenüber, nur durch eine tiefe Schlucht getrennt, liegt, von der Schwarzen Elster und dem Grunaubache umflossen, der Reinhardtsberg, von dessen Höhe man einen wundervollen Fernblick hat, vor allen Dingen hinüber nach der Stadt Kamenz. Der Reinhardtsberg trug früher ein Denkmal aus uralter Zeit. Auf ihm befand sich vormals eine alte Heidenschanze mit einem runden Umfange von 200 Schritten Länge. Die Außenhöhe des Walles betrug nach den gemachten Untersuchungen des ehemaligen Stadtphysikus D. Böhnisch 6–8 Meter, die innere Höhe dagegen nur 3–4 Meter. Bei Nachgrabungen fand man auch 2–3 Meter tiefe Lagen von Asche, balkenförmige Kohlen, geschmolzene Steinmassen, ferner Knochen und verschiedene Urnenbruchstücke. Der Wall der Reinhardtbergschanze schien durch starke Balken ganz besonders befestigt gewesen zu sein. Nach der Ansicht Preuskers (vergl. „Blicke in die vaterländische Vorzeit,“ Band II, Seite 195!) ist der abgetragene Wall auf dem Reinhardtsberge zur Heidenzeit der „feste Platz“ der Stadt Kamenz gewesen. Der Schloßberg soll erst später eine Burg erhalten haben.

Die aufgefundenen Gegenstände sprechen dafür, daß die Höhe des Reinhardtberges in frühester Zeit ein altheidnischer Opferplatz gewesen ist. Heute ist von jener Heidenschanze auf dem Reinhardtsberge jedoch nichts mehr zu sehen. Sie ist geebnet worden. Doch die Sage weiß zu erzählen, daß unter der verschwundenen Schanze unermeßliche Schätze vergraben liegen sollen und zwar eine große Braupfanne mit Gold und

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_252.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)