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werft: den Familiensinn, die Freude an den harmlosen Veranstaltungen im engeren Familienverkehr! – Ich werde hierüber noch manches in Abschnitt 6 „Mädchen, die man heiratet, und Männer, die man heiratet“ zu sagen haben. Hier will ich nur darüber sprechen, wie man Familienverkehr pflegen soll, wie man es anfängt, die erwachsenen, unverheirateten Kinder ans Haus zu fesseln und wie man vonseiten der Eltern die – Heiratsaussichten der Töchter steigern kann. Ja – man kann es! Man fängt es aber meistens ganz falsch an.

Familienverkehr – das ist die zwangloseste, billigste Art der Geselligkeit, dabei die für alle Teile erfreulichste und – nutzbringendste. Man besucht sich ohne Einladung nach dem Abendbrot[1]. Man setzt den Gästen Tee oder Bier vor. Wer’s dazu hat, spendet noch Backwerk, Zigarren, Zigaretten. Nötig ist es nicht. Man macht zu diesen Besuchen nicht großartig „Toilette“. Alles ist auf das Zwanglose abgestimmt.

Nicht nur Müllers und Meiers sollen so miteinander verkehren. Nein, auch Jugend soll man daran gewöhnen, die Familie, vielleicht nach einer Anfrage am Vormittag, ob’s dem jungen Gast recht ist, abends zu einem Plauderstündchen zu besuchen. Auch der Gast kann sich anmelden, vielleicht telephonisch. Dann ist die Familie Meier noch in der Lage, Müllers davon zu verständigen, daß der junge Schulze um 1/29 erscheinen wird. Und Müllers haben eine Tochter, die sie dann mitbringen. –

Der junge Schulze muß Meiers natürlich erst eine Weile kennen, bevor diese ihn so zwanglos zu sich bitten werden. Meldet er sich nun zum ersten Male für 1/29 an, dann wird es ganz an Meiers liegen, ob der Gast den Abend und die Anwesenden in angenehmer Erinnerung behält.

Ein solcher Abend soll ein ganz intimes Gepräge haben. Danach richte man sich ein. Man empfange die Gäste nicht im „Salon“, sondern in dem Zimmer, das am behaglichsten ist. Im Winter sorge man für Wärme! Nichts ist der Stimmung so nachteilig, als ein kalter


  1. Vorlage: Abenbrot
Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/59&oldid=- (Version vom 1.8.2018)