Seite:Wilhelm Löhe - Ein Conferenzvortrag in Betreff der Rosenmonate heiliger Frauen.pdf/28

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die Frau Herzogin sich nicht meßen. Preist man sie so sehr, so muß man auch auf ihre Schwachheiten aufmerksam machen, z. B. daß sie, eine deutsche Fürstentochter, von Kindheit auf sehnsüchtig nach Frankreich hinüberschaute, daß sie auch, nachdem das Gericht Gottes über das, was ihr Leben war, ergangen war, dieses Gericht im Grund gar nicht merkte. Obgleich sie sonst so zart und feinfühlend war, ist sie dann doch gar nicht mustergiltig. Aber freilich, nicht obgleich, sondern weil sie in solchen Schwachheiten gefangen lag und blieb, liebt sie die moderne fromme Welt.“ So weit ein Recensentenwort gegen ein anderes. Meines Erachtens sollte man da gar nicht vergleichen. Ich finde Zeiten, Umstände und Personen allzusehr verschieden. Wenn es aber ja geschehen soll, so denke ich, es werden sich in jedem Betracht Frauen wie Hedwig, Elisabeth, Mathildis, Adelheid, Hildegard etc. etc. wohl immerhin bei denjenigen, die einfach urtheilen, nicht blos Bewunderung ihrer Größe, sondern auch Achtung und Liebe zu erwerben wißen.

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 Was will man aber mit denen nur rechten, die zwischen Helene von Orleans und den Heldinnen der Vorzeit ein solches Gericht richten? Wir haben noch ganz andere Urtheile in Vergleich zu ziehen. In derselbigen Zeit, in welcher man die Kämpfer und die Kämpferinnen Jesu, wie wenn wirklich gar kein Unterschied bestände, mit heidnischen Fakiren vergleicht, hat mans erlebt, daß eifrige Lutheraner, und unter ihnen Diener des Wortes, dem Cultus des Genius huldigten, und sich Mühe gaben, dem Leben und den Werken der